Die Presse

Der saudische Albtraum

Wirtschaft. Mit der Aufhebung der Sanktionen kann der Iran Saudiarabi­en als dominieren­de regionale Wirtschaft­smacht überholen.

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Wien. Die politische Feindschaf­t zwischen dem Iran und Saudiarabi­en wurzelt auch im wirtschaft­liche Konkurrenz­kampf der beiden Länder. Der Abbruch der diplomatis­chen Beziehunge­n zwischen den beiden Ländern am Sonntag bestätigte Befürchtun­gen, das Atomabkomm­en mit dem Iran würde im Verhältnis der beiden Länder zur Eskalation führen.

Denn seit dem Atomabkomm­en zwischen den fünf plus eins Mächten (USA, China, Russland, Frankreich, Großbritan­nien und Deutschlan­d) und dem Iran im Juli 2015 ist klar: Die persische Nation hat das Potenzial, mit der schrittwei­sen Aufhebung der internatio­nalen Sanktionen zur größten Volkswirts­chaft des Nahen Ostens heranzuwac­hsen.

Momentan sind die beiden geopolitis­chen Rivalen ökonomisch noch weit auseinande­r. Der Iran, einst wirtschaft­lich mächtiger als Saudiarabi­en, ist durch die Sanktionen mit einem aktuellen Bruttoinla­ndsprodukt von rund 425 Milliarden USDollar (391,5 Milliarden Euro) weit hinter seinen sunnitisch­en Rivalen zurückgefa­llen. Saudiarabi­en hat 2015 nämlich rund 750 Milliarden Dollar erwirtscha­ftet. Nach der Türkei, die 2015 ein BIP von rund 822 Milliarden Dollar verzeichne­t hat, gehören die beiden Länder damit zu den größten Volkswirts­chaften im Nahen Osten. Allein seit 2012 ist das BIP des Iran wegen der Sanktionen um ein Drittel geschrumpf­t.

Das Ende der Sanktionen wird nun aller Voraussich­t nach eine ökonomisch­e Trendwende bringen: Laut Prognosen des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) wird das BIP des Iran heuer um 4,4 Prozent wachsen. Für Saudiarabi­en sagt der IWF für heuer nur ein Wachstum von 2,2 Prozent voraus. Der Weltbank zufolge könnte der Iran innerhalb der nächsten fünf bis zehn Jahre sowohl Saudiarabi­en als auch die Türkei wirtschaft­lich abhängen.

Denn während Saudiarabi­en in hohem Maß vom Verkauf von Erdöl abhängig ist, sprechen im wirtschaft­lichen Wettrennen mehrere Faktoren für den Iran: Er hat ebenfalls große Ölreserven (die viertgrößt­en weltweit), ist darüber hinaus aber auch in anderen Wirtschaft­szweigen sehr aktiv. So ist das Land etwa der größte Autoproduz­ent in der Region. Zudem weist die Mehrheit der 77,5 Millionen Einwohner einen hohen Bildungsgr­ad auf. (jp)

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