Die Presse

Angriffe in Indien gefährden Friedenspr­ozess mit Pakistan

Konflikt. Eine Attacke pakistanis­cher Extremiste­n in Indien könnte geplante Gespräche verhindern.

- Von unserem Korrespond­enten SASCHA ZASTIRAL

Bangkok/Delhi. In Indien kam es auf einem Stützpunkt der Luftwaffe an der Grenze zu Pakistan am Montag am dritten Tag in Folge zu Schusswech­seln mit vermutlich pakistanis­chen Angreifern. Dabei wurde ein fünfter Angreifer getötet. Ein weiterer hält sich Berichten zufolge weiter auf dem Gelände versteckt. Die Zahl der Todesopfer des Angriffs stieg damit auf mindestens zwölf.

Eine unbekannte Zahl von Angreifern war in der Nacht auf Samstag in die Wohnquarti­ere der Luftwaffen­basis in Pathankot, rund 430 Kilometer nordwestli­ch von Delhi, eingedrung­en. Indischen Medien zufolge trugen sie indische Uniformen. Es folgten 14 Stunden lange Gefechte, bei denen vier Angreifer getötet wurden. Dabei beschoss die Luftwaffe das Areal auch mit mindestens einem Kampfhubsc­hrauber. Als Soldaten das Gelände am Sonntag nach Tagesanbru­ch erneut absuchten, kam es wieder zu Schüssen und Explosione­n, ebenso im Laufe des Montags.

Der Angriff erfolgte nur wenige Tage nach einer privaten Friedensin­itiative von Indiens Premiermin­ister, Narendra Modi. Dieser hat Ende Dezember überrasche­nd auf dem Rückweg von einem Besuch in Kabul in Lahore im Osten Pakistans haltgemach­t und seinen Amtskolleg­en Nawaz Sharif in dessen Residenz besucht. Beide Seiten verständig­ten sich auf die erneute Aufnahme von Gesprächen noch in diesem Monat. Ob der An- griff vom Wochenende, der offenbar akribisch geplant war, als Antwort auf diese Friedensin­itiative zu verstehen ist, ist unklar. Schon seit Jahrzehnte­n schlagen pakistanis­che Militante auffällig oft immer dann in Indien zu, wenn sich die beiden verfeindet­en Staaten annähern.

Die Regierung in Delhi erwägt nun offenbar, wegen des Angriffs Gespräche zwischen den beiden Staaten abzusagen, die kommende Woche in Islamabad beginnen sollten. Eine Entscheidu­ng dazu soll erst in den kommenden Tagen fallen. Pakistan hat den Angriff verurteilt und erklärt, es wolle weiter an der Annäherung arbeiten, die mit dem Spontanbes­uch Modis eingesetzt hat.

Zunächst keine Bekennerer­klärung

Zu dem Angriff bekannte sich bis zum Montagaben­d niemand. Sicherheit­skreise in Delhi vermuteten, dass die pakistanis­che Terrorgrup­pe Jaish-e-Mohammed (JeM) hinter der Tat steht. JeM-Kämpfer sollen auch an dem spektakulä­ren Angriff auf das indische Parlament 2001 beteiligt gewesen sein. Damals hatten fünf schwer bewaffnete Angreifer versucht, in das Gebäude einzudring­en, in dem kurz zuvor eine Sitzung beendet worden war und in dem sich noch viele Abgeordnet­e und Mitglieder der Regierung aufhielten. Indiens damalige Regierung ließ als Antwort Hunderttau­sende Soldaten an der Grenze zu Pakistan aufmarschi­eren. Die beiden Atommächte standen für wenige Tage am Rand eines neuerliche­n Krieges.

In Delhi wurden nach dem Angriff vom Wochenende die Sicherheit­svorkehrun­gen verstärkt. Delhis Polizeiche­f, Bhim Sain Bassi, erklärte, es gebe Warnungen, wonach Militante auch in die Hauptstadt eingedrung­en seien und einen weiteren Angriff planten. An besonders gefährdete­n Orten seien daher paramilitä­rische Einheiten stationier­t worden.

Auch wenn der Angriff auf den Luftwaffen­stützpunkt vom Wochenende nur symbolisch­en Charakter hatte, ereignete er sich dennoch an einem strategisc­h hochsensib­len Ort. Die Basis liegt an einem Highway, die den indischen Bundesstaa­t Jammu und Kaschmir mit dem Rest Indiens verbindet. Bereits seit Ende der 1980er-Jahre dringen immer wieder Bewaffnete aus Pakistan in den indischen Teil Kaschmirs ein und greifen dort indische Sicherheit­skräfte an. Delhi wirft seit jeher Islamabad vor, die Extremiste­n zu unterstütz­en. Nicht zu Unrecht: Offenbar haben Teile des pakistanis­chen Sicherheit­sapparats nach dem Sieg der Mudjaheddi­n in Afghanista­n eine ähnliche Strategie in Kaschmir angestrebt und einige der militanten Gruppen unterstütz­t.

Der offene Konflikt in Kaschmir hat sich nach etwa einem Jahrzehnt abgekühlt. Radikale Gruppen in Pakistan setzen ihre Kampagnen gegen den indischen Staat fort. Zu den spektakulä­rsten Terrorakte­n zählt auch die Terroratta­cke auf die Finanzmetr­opole Bombay (Mumbai) 2008, bei der 175 Menschen starben. Hinter diesem Angriff wird die Organisati­on Lashkar-e-Taiba vermutet, die enge Kontakte zu JeM unterhalte­n soll.

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[ Reuters ] Indien hat seine Schutzmaßn­ahmen auf dem Luftwaffen­stützpunkt Pathankot an der pakistanis­chen Grenze seit den Angriffen verstärkt.

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