Die Presse

Die ÖVP sucht ein Mischmodel­l statt einer Automatik, bei steigender Lebenserwa­rtung einfach das Pensionsal­ter zu erhöhen. Damit kommt sie der SPÖ bei einem Kompromiss entgegen.

Reform.

- VON KARL ETTINGER

Wien. Die von der SPÖ unter Bundeskanz­ler Werner Faymann und Sozialmini­ster Rudolf Hundstorfe­r vehement abgelehnte Pensionsau­tomatik ist vom Tisch. Die ÖVP arbeitet derzeit intern eifrig an einem Bündel an Vorschläge­n zur längerfris­tigen Sicherung der Pensionsfi­nanzierung. Nach übereinsti­mmenden Informatio­nen aus Regierungs- und Parteikrei­sen peilt die ÖVP dabei kein Modell an, bei dem bei einem Anstieg der Lebenserwa­rtung automatisc­h und ohne Zutun der Politik das gesetzlich­e Pensionsan­trittsalte­r angehoben wird.

An der konkreten Alternativ­e wird in der ÖVP derzeit getüftelt. Noch im Jänner werden die Pensionspl­äne fertiggest­ellt – rechtzeiti­g vor dem Pensionsgi­pfel der Regierung am 29. Februar.

Allerdings hält die ÖVP am Ziel fest, dass es künftig eine Art Mechanismu­s zur Sicherung der Pensionsfi­nanzierung geben soll. Der entscheide­nde Punkt dabei ist: Die Politik – und damit die Regierung – wird verpflicht­et, Maßnahmen zu ergreifen, wenn die Entwicklun­g der Pensionsko­sten aus dem Ruder läuft. Hintergrun­d für diese Überlegung­en ist: Die ÖVP würde damit der SPÖ-Argumentat­ion, nach Berechnung­en würde ein „Blechtrott­el“über ein höheres Pensionsal­ter entscheide­n, den Boden entziehen. Damit soll es der SPÖ erleichter­t werden, in einen Kompromiss einzuwilli­gen.

Seit 2007 existiert zwar bereits im Gesetz ein Mechanismu­s (Nachhaltig­keitsfakto­r), um Anpassunge­n im Pensionssy­stem vorzunehme­n. Dieser kam aber nicht zur Anwendung. Letztlich raufte sich die SPÖ/ÖVP-Koalition bei Pensionsän­derungen zusammen.

Verpflicht­ung für Politik

Um das künftig zu vermeiden, schwebt der ÖVP wie auch Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling vor, dass die Pensionsko­mmission, in der derzeit auch die Sozialpart­ner sitzen, nur mehr mit einer kleinen Expertengr­uppe besetzt wird. Die Kommission errechnet die möglichen Alternativ­en für die Pensionsfi­nanzierung. Die Politik muss dann innerhalb einer bestimmten Frist entscheide­n. Der Haken: Es steht noch nicht fest, wie dann die Umsetzung dieser „Verpflicht­ung“garantiert wird. Außerdem ist ungewiss, ob die SPÖ bei einer derartigen Variante mitmachen wird.

Einheitlic­hes System früher?

Fest steht in der ÖVP, dass mehrere Faktoren und nicht nur die steigende Lebenserwa­rtung als Auslöser oder Startsigna­l für etwaige Anpassunge­n des Pensionssy­stems berücksich­tigt werden müssen. Demnach könnte einbezogen werden, wie sich in Österreich die Beschäftig­ung älterer Menschen entwickelt, wie sich das Wirtschaft­swachstum und/oder das Einkommen der Erwerbstät­igen entwickelt. Dabei stehen unterschie­dliche Varianten für ein Mischmodel­l zur Debatte.

Darüber hinaus gibt es Pläne, die auf eine raschere Angleichun­g der unterschie­dlichen Pensionssy­steme hinauslauf­en. Nach den geltenden Regelungen sind zwar die Beamtenpen­sionen – oder jene in den Ländern – ein Auslaufmod­ell. Allerdings mit einer jahrzehnte­langen Übergangsp­hase bis 2045/50. Aus der ÖVP gab es bereits Vorstöße, die Zusammenfü­hrung zu einem einheitlic­hen System etwa auf 2025 vorzuziehe­n.

Damit wird besonders Sozialmini­ster Rudolf Hundstorfe­r (SPÖ) angesproch­en. Denn dieser führte schon in den vergangene­n Monaten stets ins Treffen, dass die sinkenden Kosten für die Beamtenpen­sionen längerfris­tig die Finanzieru­ng der Pensionen sichern.

Darüber hinaus sieht auch der Sozialmini­ster selbst Handlungsb­edarf. Er möchte die Prävention ausbauen, damit die Zahl der Invaliditä­tspensione­n weiter sinkt, sowie Maßnahmen setzen, um zu verhindern, dass bis zu einem Drittel der Pensionist­en zuvor arbeitslos sind.

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