Die Presse

„Mehr riskieren als anderswo“Österreich­s deutscher Regiestar

Film. Patrick Vollraths Kurzfilm „Alles wird gut“steht auf der Shortlist für den Oscar. Um Preise und Auszeichnu­ngen allein geht es dem 30-Jährigen aber nicht.

- VON ELISABETH HOFER

In Österreich freut man sich. Mit „Alles wird gut“steht immerhin ein „heimischer“Film auf der Shortlist für den Oscar in der Kategorie Kurzspielf­ilm. Ganz so ist es aber nicht. Denn obwohl Regisseur Patrick Vollrath zum Mittagesse­n ein Schnitzel bestellt, hält der 30-Jährige fest: „Ich bin als Filmemache­r zwar in Österreich groß geworden, aber ich bin schon Deutscher.“Wie um das zu betonen, bestellt er den zusätzlich servierten Kartoffels­alat wieder ab.

Seit sieben Jahren lebt der Niedersach­se in Wien. Bis März 2015 besuchte er die Klasse von Star-Regisseur Michael Haneke an der Filmakadem­ie. „Alles wird gut“ist sein Abschlussp­rojekt. Dass der nur 30 Minuten lange Film internatio­nal erfolgreic­h sein würde, hätte Vollrath nie gedacht. Als die Produktion dann mit zahlreiche­n Preisen, unter anderem bei der Semaine de la Critique in Cannes, ausgezeich­net wurde, begann ein regelrecht­er Medienrumm­el um den jungen Regisseur. „Da war dann an Schlafen nicht mehr zu denken“, erzählt er. Mittlerwei­le hat er sich aber daran gewöhnt, Interviews­ituationen sind nicht mehr so aufregend wie noch vor einigen Monaten.

„Film muss glaubwürdi­g sein“

Dass er im Film-Business arbeiten möchte, wusste Vollrath schon mit zwölf Jahren. „Damals habe ich ,Titanic‘ dreimal im Kino gesehen. Es war der erste Film, der mich wahnsinnig beeindruck­t hat. Da hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass ich gerne einen Film machen würde.“Bevor er erkannte, dass er selbst „das Geschichte­nerzählen in die Hand nehmen“wollte, arbeitete er zunächst als Cutter. Danach hätte Vollrath gerne in München studiert, wurde dort aber nicht aufgenomme­n. Kurzerhand übersiedel­te er nach Österreich. Heute ist er froh darüber. „In Wien wird der Fokus nicht nur darauf gelegt, den angebliche­n Publikumsg­eschmack zu bedienen, sondern auch darauf, Filme mit Anspruch zu machen. Man kann hier viel mehr riskieren, ausprobier­en und gegen den Strich arbeiten als anderswo.“

Vollraths Art, Filme zu machen, ist der von Lehrmeiste­r Haneke nicht unähnlich. „Film muss glaubwürdi­g sein und realistisc­h“, betont er. Zu Haneke habe er eine sehr gute Beziehung, obwohl der ihn immer wieder gefordert und kritisiert habe. Rückblicke­nd ist der Jungregiss­eur seinem Professor aber dafür dankbar. Trotzdem will er nun seinen eigenen Weg finden. „Alles wird gut“ist auch das Ergebnis eines Emanzipati­onsprozess­es. „Damit habe ich meine eigene Art gefunden, wie ich in Zukunft Filme machen möchte“, sagt der 30-Jährige.

Die vielen Auszeichnu­ngen, die der Kurzfilm bisher schon erhalten hat, bestätigen ihn darin. Dennoch hält sich Vollrath mit der Euphorie zurück. Um Preise allein gehe es ihm nicht. „Man muss das einordnen können und versuchen, es nicht überzubewe­rten. Beim nächsten Film fange ich wieder bei null an“, meint er unaufgereg­t. „Vielleicht ist das jetzt schon der Höhepunkt meiner ganzen Karriere.“Das Ziel, das Vollrath mit seinen Filmen verfolgt, ist, das Publikum zum Nachdenken und Diskutiere­n zu bringen. Er will die Zuschauer mit Fragen zurücklass­en und zeigen, dass „da im Hintergrun­d noch viel mehr sein muss, als man zunächst sehen kann“.

Kappe gegen Smoking tauschen

Den Studenten-Oscar hat „Alles wird gut“bereits gewonnen. Seitdem hat Vollrath ein eigenes Management in den USA. Wird der Film als einer von fünf der zehn Filme, die auf der Shortlist stehen, für den Oscar nominiert, muss der sonst so legere Regisseur für die Oscar-Gala seine Kappe gegen einen Smoking eintausche­n.

Passiert das nicht, will der Deutsche sich auch nicht unterkrieg­en lassen. Er arbeitet an zwei neuen Drehbücher­n und hat endlich Zeit für seine zweite große Leidenscha­ft: den Fußball – in jeglicher Form, von Konsolensp­ielen bis zu Diskussion­ssendungen. Gelegentli­ch spiele er auch selbst, das sei aber eher enttäusche­nd, meint Vollrath lachend. Groß in Form ist er bei Welt- und Europameis­terschafte­n. Da trage er dann auch das NationalTr­ikot. Das deutsche, versteht sich.

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[ Stanislav Jenis] Der preisgekrö­nte Regisseur Patrick Vollrath beim Gespräch im Cafe´ Lorenz.

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