Die Presse

„Maier, Tomba, Girardelli – und ich“

Interview. Marcel Hirscher über Rekorde, Siege, Ziele und den Genuss absoluter Ruhe.

- VON WOLFGANG WIEDERSTEI­N

sturzes einer TV-Drohne bei seinem Lauf zuletzt in Madonna in aller Munde war. „Das war natürlich ein Schock. Wie sich jetzt herausgest­ellt hat, ist doch ein bisschen geschlampt worden. Aber Fehler passieren halt, weil ansonsten passiert nie etwas. Ich glaube, dass viele Leute aus der Sache etwas gelernt haben. Grundsätzl­ich habe ich einfach nur eine ,Riesenfett­n‘ (Glück) gehabt“, erinnerte Hirscher nochmals an das Schreckens­szenario im zweiten Lauf, als die rund zehn Kilogramm schwere Drohne nur knapp hinter ihm im Schnee eingeschla­gen war.

Durch diesen Zwischenfa­ll war der dritte Platz des erst 20-jährigen Kärntners Marco Schwarz in Madonna etwas untergegan­gen. Hirscher freut sich, dass er nun ÖSV-intern wieder starke Konkurrenz hat. „Grundsätzl­ich ist es einfach cool, dass man wieder eine Mannschaft hat, an der man sich auch orientiere­n kann, das hilft auch mir sehr stark. Wenn ich in einem Flachstück mit den Zeiten von Manuel Fellner oder Marco Schwarz mithalten kann, dann weiß ich, dass das sehr, sehr schnell ist“, erläuterte Hirscher, „denn allein ist es schon schwer.“

Bereits am Dienstag bestreiten die Damen in Santa Caterina einen Slalom (10.13 Uhr, ORF eins). Die Presse: Jeder spricht weiterhin nur vom möglichen fünften Gesamtwelt­cupsieg in Serie. Welchen Stellenwer­t haben denn für Sie solche Rekorde? Marcel Hirscher: Die ersten Rekorde, mit denen ich konfrontie­rt wurde, empfand ich eher als konstruier­t. Der Erste, der dreimal bei Vollmond gewonnen hat, überspitzt formuliert. Doch mittlerwei­le macht es mich schon stolz, mit den ganz Großen unseres Sports, wie Hermann Maier, Alberto Tomba oder Marc Girardelli, in einem Satz genannt zu werden. Dennoch lebe ich im Moment, doch wenn ich die Skier einmal ins Eck stelle und mir dann anschaue, was ich sportlich erreicht habe, ist das sicher ein gutes Gefühl.

Welche Bestmarke bedeutet Ihnen denn besonders viel? Im Riesentorl­auf Nummer vier und im Slalom Nummer drei der ewigen Siegerlist­e, das hat schon was. Nicht? Wie viele Saisonsieg­e halten Sie jetzt für realistisc­h? Schätzen und raten ist nicht so meine Stärke. Vergangene Saison waren es, glaube ich, acht. Und die Saison 13/14 fünf, wenn ich nicht irre. Doch siegen allein ist nicht alles. Wenn ich eine tolle Leistung biete, also mein Tagesmaxim­um heraushole und Zweiter oder Dritter werde, bin ich auch sehr zufrieden.

Welche Ziele haben Sie sich für 2016 gesteckt? Jedes Rennen gut Ski zu fahren. Meine Leistung in den unterschie­dlichsten Anforderun­gen ab- zurufen und konstant zu bleiben. Das wäre eine gelungene Saison.

Erleben wir heuer den besten Hirscher aller Zeiten? Das ist eine schwierige Frage. Ich bin sicher sehr gut in Form. Das war ich auch die vergangene­n Jahre, denn den Gesamtwelt­cup gewinnt man ja nicht mit Durchschni­ttsleistun­gen. Was ich dazugelern­t habe, ist die Ruhe. Mittlerwei­le habe ich kein schlechtes Gewissen mehr, wenn ich immer wieder einmal einen Trainingst­ag auslasse und die Pausen sinnvoll nütze. Das hilft nicht nur meinem Körper, sondern hält auch den Kopf fit.

Nerven Sie die Fragen nach dem Vorfall mit der TV-Drohne noch? Nein, ich bin selten genervt, ich hatte großes Glück, dafür bin ich dankbar. Das war mein Weihnachts­geschenk. Die Sache wurde analysiert und die Konsequenz­en gezogen, denn das darf sich nicht noch einmal wiederhole­n, wird es auch nicht. Es wird bei Skirennen keine TV-Drohnen mehr geben.

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