Die Presse

Der Infrastruk­tur-Verwalter auf dem Sprung

Bilanz. Für Infrastruk­turministe­r Stöger war es ein ruhiges Jahr im neuen Ressort. Schlagzeil­en gab es nur abseits der inhaltlich­en Tätigkeit.

- VON JAKOB ZIRM

Wien. Alois Stöger galt schon zu seiner Zeit im Gesundheit­sressort nicht gerade als besonders schillernd­er Minister. Allerdings wurde dem Oberösterr­eicher von Beobachter­n durchaus attestiert, mit konstanter und sachbezoge­ner Arbeit schlussend­lich Reformen im Gesundheit­swesen zustande gebracht zu haben, an denen seine Vorgänger gescheiter­t waren.

Im Infrastruk­turministe­rium, in das Stöger im Herbst 2014 gewechselt ist, ist es für ihn jedoch wesentlich schwierige­r, eigene Akzente zu setzen. Und dies, obwohl das Budget seines neuen Ministeriu­ms mit rund 3,8 Milliarden Euro beinahe mehr als dreieinhal­bmal so groß wie jenes im Gesundheit­sressort ist. Grund dafür ist, dass der Großteil dieses Geldes von seiner Vorgängeri­n Doris Bures, die das Ministeriu­m lange Jahre geführt hat, bereits fix verplant worden ist.

Pragmatisc­he Reaktion

Seien es nun die drei Tunnel-Großprojek­te bei Semmering, Koralm oder Brenner. Sei es der Hauptbahnh­of Wien. Oder sei es die Milliarde für den Ausbau der heimischen Breitband-Infrastruk­tur: Zumindest in den Grundzügen ist in den meisten großen Themen bereits definiert, wie und wo das Geld ausgegeben werden soll.

Stöger selbst reagierte auf diese Einschränk­ung gegenüber der „Presse“bei seinem Antritt pragmatisc­h: „Ich muss jetzt halt die fünf Jahre betrachten, die noch weiter in der Zukunft liegen.“

In dem unter seiner Ägide verabschie­deten ÖBB-Rahmenplan fanden sich dann auch solche Akzente – wenn auch kleinerer Natur. Etwa in Form der vorher oft verschoben­en Elektrifiz­ierung des sogenannte­n Marchegger Asts von Wien in die Slowakei, die bis zum Jahr 2021 nun kommen soll. Dafür konnte er bei manchem Großprojek­t die „politische Ernte“seiner Vorgängeri­n einfahren. So fand etwa unter ihm sowohl in der Steiermark als auch in Niederöste­rreich der geradezu historisch­e Tunnelansc­hlag am Semmering statt – Fotos inklusive. Ansonsten war es um das Infrastruk­turministe­rium aber auffällig ruhig im Jahr eins unter Stöger.

Für die größte Aufmerksam­keit sorgte noch sein Protest gegen die deutsche Autobahnma­ut im Frühjahr. Damals drohte er Berlin eine Klage vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f an, wenn die aus heimischer Sicht diskrimini­erende Maut eingeführt wird. Ein Schritt, der

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auch in Berlin für Aufmerksam­keit sorgte. Die Drohung musste er allerdings nicht wahr machen, da die EU-Kommission ohnehin ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren einleitete, das die Deutschen dazu brachte, ihre Pläne zu stoppen.

Für Schlagzeil­en sorgte Alois Stöger am ehesten, wenn es nicht um inhaltlich­e Fragen seines Ressorts ging. So ließ es sich der aus der Gewerkscha­ft stammende Minister nicht nehmen, öffentlich die Gebarung des ÖVP-dominierte­n Finanzmini­steriums und der ihr unterstell­ten Staatshold­ing ÖIAG (jetzt ÖBIB) rund um die Telekom zu kritisiere­n. Ebenso war Stöger einer der lautesten Kritiker des rotblauen Bündnisses im Burgenland innerhalb der SPÖ.

Immer wieder Ablösegerü­chte

Allerdings wurde auch über Stöger selbst immer wieder spekuliert. Nämlich über seine Ablöse als Minister und die Rückkehr in seine Heimat Oberösterr­eich. Dort könne er die Mission erhalten, die bei der Landtagswa­hl schwer geschlagen­e Landes-SPÖ neu aufzubauen. Kurz vor Weihnachte­n wurde er bereits zum Vize von Landes-Chef Reinhold Entholzer gemacht.

Allerdings könnte 2016 für Stöger auch einen Aufstieg bringen. So wurde er zuletzt auch als möglicher Nachfolger Rudolf Hundstorfe­rs im Sozialmini­sterium genannt, wenn dieser – wie erwartet – bald für die Bundespräs­identschaf­t kandidiert.

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[ APA] Linz oder Sozialmini­sterium? Alois Stöger könnte ein Wechsel bevorstehe­n.

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