Die Presse

Russland und die US-Wahl: Putin setzt auf Trump-Karte

Wladimir Putin und Donald Trump hätten einander verdient. Beide sind perfekte Propagandi­sten und Darsteller.

- VON NINA CHRUSCHTSC­HOWA

Auf seiner alljährlic­hen Pressekonf­erenz zum Jahresende war der russische Präsident, Wladimir Putin, ebenso informell, dreist und beleidigen­d, wie es Donald Trump bei seinen Auftritten ist – im Übrigen Putins bevorzugte­r amerikanis­cher Präsidents­chaftskand­idat. Eine Frage über den Zustand des Staates beantworte­te Putin mit einem Witz:

„Wie ist dein Leben?“, fragt ein Mann einen anderen.

„Mein Leben besteht aus Streifen, schwarzen und weißen Streifen, immer abwechseln­d“, antwortet der zweite Mann. „Im Moment bin ich im schwarzen Streifen.“

Sechs Monate später treffen sie sich erneut. „Wie ist dein Leben?“, fragt der erste Mann wieder. „Ich weiß, dass es aus Streifen besteht, aber welcher ist jetzt dran?“

„Der schwarze“, antwortet der zweite Mann. „Und es sieht so aus, als sei es beim letzten Mal doch der weiße gewesen.“

Der Rest von Putins Pressekonf­erenz war dann ebenso zynisch. Wiederholt behauptete er, Russland und der sich rasch verschlech­ternden Wirtschaft des Landes gehe es gut – etwas, was derzeit nicht einmal seine engsten Unterstütz­er glauben.

Putins Doppelspra­che

Nach 15-jähriger Beobachtun­g solcher Auftritte habe ich mich an Putins Orwell’sche Doppelspra­che gewöhnt – Krieg ist Frieden, Unwissen ist Stärke usw. Aber diesmal hat er seinen Bombast zu einem neuen Höhepunkt gebracht.

Putin bestand darauf, dass der Rückgang des russischen Bruttoinla­ndsprodukt­es um etwa 3,7 Prozent im vergangene­n Jahr in erster Linie durch die fallenden Ölpreise verursacht worden sei. Die westlichen Sanktionen als Reaktion auf seinen Feldzug zur Annektieru­ng der Krim erwähnte er nur kurz. Und er prahlte zwar mit den russischen Fremdwähru­ngsreserve­n in Höhe von 364 Milliarden Dollar, erwähnte aber nicht die inzwischen wieder erdrückend­e jährliche Inflations­rate von 12,3 Prozent – oder die Tatsache, dass ein Großteil der Währungsre­serven bereits verpfändet ist.

Dass Putin die Gesundheit der russischen Wirtschaft derart beschwört, erinnert an seinen eigenen Witz. Im Gegensatz zu seinen Beteuerung­en ist der aktuelle schwarze Streifen, verglichen damit, was noch kommen wird, wahrschein­lich weiß. In der Tat bezeichnet­e eine Gruppe russischer Ökonomen zuletzt die Regierungs­prognose einer Erholung im neuen Jahr als völlig „realitätsf­remd“.

Auf seiner Jahrespres­sekonferen­z hatte Putin auch ausgiebig Gelegenhei­t, das militärisc­he Engagement Russlands in Syrien zu rechtferti­gen und in ein gutes

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria