Wie eine überbordende Bürokratie das Unternehmertum erstickt
Eigenverantwortung, Selbstbestimmung, wirtschaftliche Freiheit: Wer solche Werte in Österreich auch nur ansatzweise vertritt, wird als Neoliberaler diffamiert.
Es kann kein statistischer Zufall sein. In allen zuletzt mit österreichischen Unternehmern geführten Gesprächen klagen diese über die überbordende Steuer- und Abgabenbelastung und die Regulierungswut der Behörden hierzulande. Sie sind zutiefst frustriert, fühlen sich geringgeschätzt und von niemandem vertreten. Das ist mehr als ein Warnsignal. Dazu einige Beispiele:
Ein Gasthof in einem hinteren Winkel der Steiermark, in einigen Restaurantführern als Gourmetrestaurant geführt. Der Wirt jagt selbst und bereitet zu, man muss Tische lang im Voraus buchen. Schon das Hin und Her mit der Abtrennung einer Rauchersektion war frustrierend. Dann kam die vorgeschriebene Deklaration allergener Stoffe. Das endgültige Aus bringt jetzt die Registrierkassenpflicht.
Der Wirt hat vor zwei Jahren ein elektronisches Kassensystem angeschafft. Aber dieses entspricht nicht den neuen gesetzlichen Vorschriften, sodass er genötigt wäre, jetzt wieder in eine neue Registrierkasse zu investieren. Macht er nicht. Er ist 63, wird das Lokal demnächst schließen und in Frühpension gehen. Ein voller Erfolg der Politik: Einige Arbeitsplätze, ein erfolgreicher Kleinbetrieb und eine Bereicherung für den Tourismus gehen verloren – ein weiterer Frühpensionist ist gewonnen.
Das nächste Beispiel: ein Unternehmer mit einem kleinen, sehr innovativen Dienstleistungsbetrieb. Er erhält von der externen Lohnbuchhaltung ständig neue Konvolute an Merkblättern, die er längst nicht mehr durchschaut, muss aber dennoch unterschreiben, all die neuen Vorschriften bei erheblicher Strafandrohung einzuhalten. Er ist total frustriert, weil er inzwischen einen erdrückenden Teil seiner Arbeitszeit mit der Bewältigung immer neuer bürokratischer Auflagen verbringt. Jetzt wurde ihm grundlos eine routinemäßige Schulung zur „Burn-out“Prävention für seine Mitarbeitet aufgezwungen. „Der Einzige der eine Burnout-Schulung brauchte, bin ich selbst“, meint er bitter. Bei nächster Gelegenheit wird er die Mitarbeiter abbauen und als Einzelkämpfer die Jahre zubringen, bis er zum frühestmöglichen Zeitpunkt in Pension gehen kann, um dann sein Unternehmen endgültig zuzusperren.
Schließlich das Beispiel eines mittelständischen Feinmechanik-Unternehmers. Über 25 Jahre hat er außergewöhnliches Know-how erworben und immer darauf geachtet, dass die Produktion weitgehend in Österreich bleibt. 2015 aber hatte er die Nase voll von ständig neuen bürokratischen und steuerlichen Bürden: Er nahm das Übernahmeangebot eines internationalen Konzerns an und verkaufte sein Lebenswerk. Die Produktion mit hunderten Arbeitnehmern wird wohl aus Österreich abgezogen. Reaktion des bisher so patriotisch gesinnten Unternehmers: Achselzucken. Noch keine 60, wird er sich an interessanten Unternehmen beteiligen, aber sicher an keinen österreichischen Betrieben mehr.
Alle fragen sich, wer in Österreich liberale Werte wie Eigenverantwortung, Selbstbestimmung und wirtschaftliche Freiheit vertritt. Wer auch nur ansatzweise in diese Richtung argumentiert, wird aber sogleich als Neoliberaler diffamiert.
Nicht nur die Unternehmer, jeder einzelne Bürger büßt täglich immer mehr an Wahlmöglichkeiten, Rechten und an Freiraum ein. Eine überbordende Bürokratie gibt vor, die Bürger schützen zu wollen – und erstickt sie dabei immer mehr. Die Kosten dafür werden durch immer höhere Steuern und Abgaben hereingebracht und künftigen Generationen als Schulden hinterlassen.
Die „NZZ“schlug jüngst dazu vor: Einführung einer verbindlichen Regulierungsbremse, feste Vorgaben zur Reduktion der Fiskalquote und zur Senkung von Ausgaben und Personalaufwand der öffentlichen Hand, automatische Schuldenbremsen auch für die Sozialsysteme. Politik solle daran gemessen werden, ob sie die individuellen Rechte möglichst wenig beschneidet und dafür Chancen, Möglichkeiten und Marktzugang vermehrt.
Ob wir eine Bewegung in diese Richtung in Österreich noch erleben werden?
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Zum Autor: Am Donnerstag in „Quergeschrieben“: