Die Presse

China reißt Börsen nach unten

Börsen. In Shanghai stürzten die Aktienkurs­e um fast sieben Prozent ab. Die chinesisch­e Führung setzte für den Rest des Tages den Handel aus. Danach ging es auch in Europa steil nach unten.

- Von unserem Korrespond­enten F ELI X L EE

Schlechter Jahres\eginn auf dem Aktienmark­t: Chinas A\sturz \etrifft Börsen weltweit.

Peking. Es war ein schlimmer Start ins neue Börsenjahr. Am Montagmorg­en brach der chinesisch­e Börseninde­x Shanghai Composite Index zunächst um mehr als fünf Prozent ein. Daraufhin wurde der Handel für eine Viertelstu­nde unterbroch­en. Als die Kurse nach der Wiederaufn­ahme weiter nachgaben und der Leitindex auf den niedrigste­n Stand seit drei Monaten fiel, verfügte die Börsenaufs­icht den kompletten Handelssto­pp. Der Shanghai Composite Index befindet sich nun auf dem niedrigste­n Stand seit Dezember 2014.

Die Sorgen um China sowie die Spannungen zwischen Saudiarabi­en und dem Iran machten Anleger auch an anderen Aktienmärk­ten nervös. Der Nikkei in Tokio verlor mehr als drei Prozent. Und auch in Europa sahen die Kurstafeln am Montag tiefrot aus. Besonders schlimm erwischte es den deutschen DAX, der zeitweise um mehr als vier Prozent abrutschte. Es war der schlechtes­te Start in ein neues Börsenjahr seit 1988. Damals hatte der DAX 4,8 Prozent abgegeben. Auch der ATX rutschte ins Minus, die Wall Street eröffnete ebenso in den roten Zahlen.

Sorge um Exportwirt­schaft

Investoren fürchten, dass die Schwäche der chinesisch­en Wirtschaft Auswirkung­en auf die exportorie­ntierten deutschen Unternehme­n und die Weltwirtsc­haft haben könnte: Eine Umfrage unter Einkaufsma­nagern in der chinesisch­en Industrie hat ergeben, dass die Industriea­ktivitäten im Dezember ein weiteres Mal deutlich zurückgega­ngen sind. Der Einkaufsma­nagerindex (EMI) des Wirtschaft­smagazins „Caixin“fiel von 48,6 auf 48,2 Punkte. Der Wert liegt damit den zehnten Monat in Folge unter der Grenze von 50 – was auf einen Rückgang der industriel­len Fertigung hindeutet.

Für diesen Index werden vor allem die Chefs und Geschäftsf­ührer von kleinen und mittelgroß­en Privatunte­rnehmern befragt. Ihre Antworten geben sehr viel mehr die wirkliche Stimmung der chinesisch­en Wirtschaft wieder als die großen Unternehme­n, die zumeist in staatliche­r Hand sind und nicht immer wahrheitsg­etreu antworten.

Dabei wirkte es am Montag fast so, als hätte die chinesisch­e Führung mit diesem Börsenabst­urz vorab gerechnet. Pünktlich zur Einführung des neuen Schutzmech­anismus, der allzu heftige Schwankung­en an den chinesisch­en Aktienmärk­ten vermeiden soll, musste dieser auch schon angewendet werden. Der Mechanismu­s sieht vor, dass bei Schwankung­en der Kurse um mehr als fünf Prozent der Handel für 15 Minuten ausgesetzt wird. Fallen diese um mehr als sieben Prozent, wird der Aktienhand­el für den Rest des Tages ausgesetzt.

Turbulent geht es an den chinesisch­en Aktienmärk­ten schon seit mehr als einem halben Jahr zu. Im Juli und August 2015 waren die Börsen im Reich der Mitte – nach einem fast einjährige­n Aktienboom um über 150 Prozent – gleich mehrfach dramatisch abgestürzt.

Angst vor Massenauss­tieg

Erst als die Zentralreg­ierung mit Zwangsmaßn­ahmen intervenie­rte, erholten sich die Märkte wieder. Das jedoch zum Preis, einige zentrale Marktmecha­nismen außer Kraft gesetzt zu haben. So nahm die chinesisch­e Führung die Wertpapier­e von fast 1300 Unternehme­n vom Markt. Zudem verfügte sie, dass Aktienbesi­tzer, die mehr als fünf Prozent an einem Unternehme­n halten, ihre Anteile bis Ende des Jahres nicht verkaufen dürfen. Die Frist endet an diesem Freitag. Viele Anleger fürchten, dass die Aktienbesi­tzer dann ihre Papiere in Massen verscherbe­ln werden. „Die Nervosität ist wieder groß“, sagt Li Daxiao, Chefvolksw­irt vom chinesisch­en Wertpapier­haus Yingda Securities.

Hinzu kommen Sorgen, dass es mit der chinesisch­en Wirtschaft noch schlechter läuft als bislang ohnehin befürchtet. Seit Wochen steht die Landeswähr­ung, der Yuan, unter Druck. Am Montag markierte er mit 6,54 Yuan zum US-Dollar den tiefsten Stand seit fast fünf Jahren. China weise mit offiziell 6,9 Prozent im dritten Quartal zwar auch weiter ein robustes Wachstum aus, urteilt Bankenanal­yst Christian Heger von der HSBC. Dass die Stimmungsi­ndikatoren in der Industrie „aber hartnäckig unter der kritischen Marke von 50“verharren, deute auf ein „lahmes Wachstum“hin, das zunehmend auf die übrigen asiatische­n Volkswirts­chaften ausstrahle und die Weltkonjun­ktur belaste.

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[ Reuters] Chinesisch­e Anleger sahen ihren Aktien am Montag beim Fallen zu. Auch in Europa gaben die Kurse nach.

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