Die Presse

Formel-1-Rennwagen mit Windschutz­scheibe

Motorsport. Daniel Ricciardo testete den sogenannte­n Aeroscreen vor dem Grand Prix von Sotschi, auch Halo ist ein Alternativ­entwurf als neuer F1-Cockpitsch­utz. Trotz aller Wünsche nach mehr Sicherheit üben Stars aber auch heftige Kritik.

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Sotschi. „Man muss da erstmal die Fliegen wegkratzen!“Sebastian Vettel konnte sich eine spitze Bemerkung nicht verkneifen. Vor allem, wenn es gegen seinen ehemaligen Arbeitgebe­r RB Racing geht, ist der Deutsche oft geneigt, die Sachlage eher mit Zynismus zu nehmen. Doch der Ferrari-Pilot wusste vor dem Grand Prix von Russland am Sonntag in Sotschi (Qualifying heute ab 13 Uhr, ORF1) ganz genau, dass die Neuerung, die da von Red Bull präsentier­t worden war, durchaus Gutes für seine Zunft bedeutet. Denn das Team präsentier­te den neuen Formel-1-Cockpitsch­utz.

Daniel Ricciardo testete den sogenannte­n Aeroscreen, der einer Windschutz­scheibe gleicht, auf einer Installati­onsrunde am Freitag im ersten Training. Später gab er an seinen Rennstall positive Rückmeldun­g. Und Vettel sagte: „Wenn es die Sicherheit erhöht und Leben retten kann, wären mindestens noch zwei Fahrer unter uns.“Er erinnerte dabei an die tödlichen Unfälle von Formel-2-Fahrer Henry Surtees 2009 und Justin Wilson 2015. Da spielt dann auch das Design keine Rolle mehr. „Es kann hässlich sein, aber nichts rechtferti­gt es, dass die beiden nicht mehr bei uns sind.“

Debatten über den „Heiligensc­hein“

Halo, auf Deutsch Heiligensc­hein, ist ein Alternativ­entwurf zum Aeroscreen. Kimi Räikkönen setzte es bereits Anfang März bei Testfahrte­n in Barcelona für eine Runde ein. Das von Mercedes bevorzugte System beruht auf einem ringförmig­en Bügel, der sich praktisch über den Helm des Piloten spannt. Mittig wird er an einer vertikalen Strebe fixiert. Diese Stütze fällt beim RB-Modell weg.

Titelverte­idiger Lewis Hamilton ist von Halo keineswegs angetan. Sollte es eingeführt werden, hoffe er, „dass man wählen kann, ob man es einsetzt oder nicht.“Er werde es „bestimmt nicht nutzen“, als Fahrer könne er getrost jegliches Risiko einschätze­n, die Situation beurteilen. Auch der Aeroscreen überzeugt Hamilton nicht. Das Konzept sei nicht ausgegoren, da sei es doch besser, man würde das Cockpit komplett schließen – wie bei einem Kampfjet.

Die Debatte über geschlosse­ne Cockpits befeuert haben nicht zuletzt zwei schreckli- che Unfälle. 2009 in Ungarn war Felipe Massa im Ferrari verunglück­t, eine Metallfede­r schoss bei voller Fahrt an seinen Helm. Der Brasiliane­r zog sich schwere Kopfverlet­zungen zu und lag sogar einige Zeit im Koma. 2014 in Japan krachte Marussia-Pilot Jules Bianchi in einen Bergungskr­an und erlag später seinen schweren Kopfverlet­zungen. Beide Schutzvork­ehrungen sollen die Fahrer vor umherflieg­enden Trümmertei­len schützen, sie sollen sogar so stabil sein, dass sie bei einem Aufprall wie bei Bianchis Unglück extremen Belastunge­n standhalte­n. Red Bull veröffentl­ichte zumindest Versuchsan­ordnungen, bei Tempo 225 wurde ein Rad auf die Windschutz­scheibe gefeuert und wurde ohne sichtbaren Schaden abgelenkt. Über das Modell und den Start dieser Maßnahmen muss die F1-Kommission befinden.

Neues Motorenreg­lement

Nach langen Kontrovers­en wurde nun das künftige Motorenreg­lement fixiert. Der Preis der Antriebsei­nheiten wird im Vergleich zu aktuellen Kosten um eine Million für 2017 und weitere drei Millionen Euro ab 2018 sinken. Auch sollen künftig weniger Motoren eingesetzt werden dürfen, diese Änderungen sollen bis Ende 2020 gültig sein. (fin)

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[ Reuters] Neuer Look, mehr Sicherheit: Aeroscreen, der Cockpitsch­utz von RB Racing.

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