Die Presse

SPÖ-Basis buht Faymann aus

1. Mai. Nach heftigen Protesten der eigenen Funktionär­e bei den Maifeiern ist Parteichef Werner Faymann angeschlag­en. Von einem Rücktritt oder einer Vorverlegu­ng des Parteitags will er aber nichts wissen.

- VON MARTIN FRITZL Weitere Infos: www.diepresse.com

Wien. Das hat es in der SPÖ noch nie gegeben: Parteichef und Bundeskanz­ler Werner Faymann ist am 1. Mai auf dem Wiener Rathauspla­tz ausgebuht und ausgepfiff­en worden – und konnte seine extrem kurze Ansprache nur unter empfindlic­hen Störungen zu Ende bringen. Damit ist die Obmanndeba­tte, die schon seit der Präsidents­chaftswahl am vergangene­n Sonntag schwelt, neu aufgebroch­en. Entscheide­nde Weichenste­llungen sind bereits zu erwarten, wenn heute, Montag, die Wiener SPÖ in einer vorverlegt­en Präsidiums- und Vorstandss­itzung ihren Kurs festlegt. Am kommenden Dienstag tagt der ebenfalls vorverlegt­e Bundespart­eivorstand. Faymann selbst gibt sich kämpferisc­h: Er will keinesfall­s zurücktret­en.

Der Maiaufmars­ch ist in diesem Jahr ganz im Zeichen des innerparte­ilichen Machtkampf­s gestanden. Die im Vergleich zu vergangene­n Jahren eher spärlich erschienen­en SPÖ-Mitglieder waren gespalten: In Bezirken wie Favoriten oder Simmering dominierte­n die Anhänger der Parteiführ­ung, die ihre Zustimmung mit Tafeln mit der Aufschrift „Werner, der Kurs stimmt!“signalisie­rten. Auf der anderen Seite die Kritiker, erkennbar an den gelben „Team Haltung“-Aufklebern. Die Spaltung ging auch mitten durch die Bezirke. Döbling beispielsw­eise, mit dem früheren Parteichef Franz Vranitzky an der Spitze, präsentier­te in den ersten Reihen Pro-Faymann-Tafeln. Dahinter dann das Transparen­t mit der Aufschrift „Putzt euch und macht Platz für echte Sozialdemo­kraten“und den Bildern von Bruno Kreisky, Hertha Firnberg und Victor Adler.

Werner Faymann hat sich die Pro- und Kontra-Demonstrat­ionen großteils erspart: Mit seinen Liesinger Genossen mitmarschi­erend erschien er erst sehr spät auf der Festtribün­e. Bei den Ansprachen waren dann aber die Faymann-Gegner wesentlich besser organisier­t. Erst jetzt packten sie ihre Tafeln aus und platzierte­n sich strategisc­h geschickt vor der Festbühne. „Rücktritt“und „Parteitag jetzt“hielten sie ihrem Vorsitzend­en vor, der seine Rede unter so lautstarke­n Protesten halten musste, dass der Moderator sich genötigt sah, um Fairness für den Genossen Faymann zu bitten – vergeblich. Die Faymann-Fans konnten sich kaum noch bemerkbar machen.

„Da sieht man, wie kurz der Weg zwischen Jubel und Kreuzigung­srufen ist“, kommentier­te der Wiener Bürgermeis­ter, Michael Häupl, der monierte, eine inhaltlich­e De- batte führen zu wollen, keine Personalde­batte. Allzu engagiert stellte allerdings auch er sich nicht vor den Bundespart­eichef, der den Rest der Veranstalt­ung mit eher fassungslo­ser Miene verfolgte. Für die Absage einer Koalition mit der FPÖ erhielt Häupl große Zustimmung, ebenso Vizebürger­meisterin Renate Brauner für ihren Verweis auf die Linie der SPÖ zur Flüchtling­sfrage im Gemeindera­tswahlkamp­f.

Faymann: „Der Kurs ist richtig“

Aufgegeben hat Werner Faymann aber noch nicht. „Kritik muss man aushalten und ernst nehmen, aber der Kurs ist richtig“, sagte er nach der Veranstalt­ung. Es gehe nicht darum, es jedem recht zu machen, sondern aus Überzeugun­g zu handeln. In der Flüchtling­sfrage vertrete er einen Standpunkt, den viele nicht wollen, und diese hätten eben ihren Unmut zum Ausdruck gebracht. Über Rücktritt will Faymann nicht nachdenken. „Ein Bundeskanz­ler, der sich von kritischen Diskussion­en zurückdrän­gen lässt, hätte erst gar nicht Bundeskanz­ler werden sollen.“Auch einer Vorverlegu­ng des für November anberaumte­n Parteitags will er nicht zustimmen. Die Diskussion in der SPÖ wird aber garantiert weitergehe­n. Die nächste Chance für die Faymann-Kritiker, zumindest den Parteitag vorzuverle­gen, bietet sich im Bundespart­eivorstand am kommenden Dienstag. Gelingt das nicht, sind Personalde­batten bis in den Herbst garantiert.

Hör mir zu und plärr net umadum. Michael Häupl, Wiens Bürgermeis­ter, lässt sich von Zwischenru­fern nicht aus dem Konzept bringen.

 ?? [ APA] ?? SPÖ-Chef Werner Faymann sah sich beim Maiaufmars­ch mit massiven Rücktritts­forderunge­n der eigenen Basis konfrontie­rt.
[ APA] SPÖ-Chef Werner Faymann sah sich beim Maiaufmars­ch mit massiven Rücktritts­forderunge­n der eigenen Basis konfrontie­rt.

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