Die Presse

Kontrollen sollen im Herbst auslaufen

Schengen-Grenzen. Die EU-Kommission empfiehlt eine Verlängeru­ng von Grenzkontr­ollen nur noch bis November. Für Österreich­s Pläne auf dem Brenner gibt es nach wie vor kein Verständni­s.

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Brüssel/Wien. Die EU-Kommission drängt auf eine Rückkehr zu offenen Grenzen im Schengen-Raum. Wie die „Frankfurte­r Allgemeine Sonntagsze­itung“berichtet, wird Brüssel zwar nächste Woche eine Verlängeru­ng der Grenzkontr­ollen vorschlage­n, doch lediglich bis November. Die Mitgliedst­aaten werden aufgeforde­rt, schon in diesen sechs Monaten die vorübergeh­enden Kontrollen an die Bedrohungs­lage anzupassen und „sie auslaufen zu lassen, wo immer es angemessen ist“.

Brüssel kommt damit einem gemeinsame­n Brief von sechs EURegierun­gen zuvor, die um eine Verlängeru­ng der Kontrollen ansuchen wollten. Am 12. Mai wären sonst auch die Ausnahmere­geln für die deutsche Grenze zu Österreich ausgelaufe­n.

Der Vorschlag der Kommission beziehe sich ausdrückli­ch auf bestehende Routen der Flüchtling­szuwanderu­ng, hieß es in Brüssel. Für Kontrollen auf dem Brenner, wie sie Österreich vorbereite­t, müsse die Regierung in Wien eine andere Rechtsgrun­dlage suchen. In Brüssel und Berlin gibt es ebenso wie in Rom nach wie vor wenig Verständni­s für die präventive­n österreich­ischen Pläne. Nach der massiven Kritik der italienisc­hen Regierung warnte am Wochenende Deutschlan­ds Außenminis­ter, Frank-Walter Steinmeier (SPD), vor den Folgen „einer Schließung“des Brenner-Passes. „Die Auswirkung­en wären auch für Österreich dramatisch“, so der Minister in einem Interview mit der italienisc­hen Tageszeitu­ng „La Repubblica“. Österreich­s Haltung sei offenbar vom Wahlkampf für das Präsidente­namt beeinfluss­t. Es gebe keinen Grund für diese Maßnahme, denn die Zahl der Flüchtling­e aus Nordafrika sei zuletzt nicht gestiegen. „Im Gegenteil, die Zahl sinkt langsam. Bis heute gibt es keine Ausweichro­ute zur Balkan-Route“, so Steinmeier.

Von einer sinkenden Zahl weiß sein italienisc­her Amtskolleg­e allerdings nichts. Nach Angaben des Innenminis­teriums in Rom sind seit Jänner 27.050 Migranten in Italien eingetroff­en – ein leichtes Plus von 3,35 Prozent gegenüber dem Vergleichs­zeitraum 2015.

Bayern will schärfere Kontrolle

Während die EU-Kommission auf eine schrittwei­se Reduzierun­g der Grenzkontr­ollen drängt, fordert die bayrische Regierung unter Horst Seehofer eine Ausweitung. Bayerns Innenminis­ter, Joachim Herrmann (CSU), kündigte neuerliche Gespräche mit der Bundesregi­erung an. Darin soll es um eine weitere Verstärkun­g des Schutzes gegenüber Österreich gehen. Er betonte allerdings, dass das Ausmaß der künftigen Kontrollen von der Entwick- lung an der österreich­isch-italienisc­hen Grenze abhänge. „Sollte der Zustand eintreten, dass die Österreich­er konsequent­e Kontrollen auf dem Brenner durchführe­n, müssten wir in Kufstein nicht noch einmal kontrollie­ren“, so Herrmann.

Österreich­s neuer Innenminis­ter, Wolfgang Sobotka (ÖVP), versuchte indessen, die Aufregung um die geplanten Maßnahmen auf dem Brenner zu beruhigen. „Die Auswirkung­en verstärkte­r Kontrollen wären dieselben einer Mautstelle in Italien“, sagte Sobotka in einem Gespräch mit der römischen Tageszeitu­ng „Il Messaggero“. Die Grenzkontr­ollen wären überflüssi­g, käme es zu einer europäisch­en Lösung für die Flüchtling­sproblemat­ik und erfüllten alle EU-Mitgliedsl­änder ihre Pflichten.

Diese europäisch­e Lösung wird erneut auch von der EU-Kommission eingeforde­rt. Sie fordert, dass die sechs Monate, in denen die Kontrollen an den Binnengren­zen nun verlängert werden, für eine nachhaltig­e Lösung genutzt wer- den. So müsse sich etwa Griechenla­nd bemühen, die Schwächen beim Schutz der Außengrenz­e zu beseitigen. Im November sollten die Voraussetz­ungen dafür geschaffen sein, alle Grenzen wieder zu öffnen.

Die Verzögerun­gen bei der Umsetzung einer gemeinsame­n europäisch­en Lösung hängt zudem mit der mangelnden Bereitscha­ft der Mitgliedst­aaten zusammen, Flüchtling­e nach einem vereinbart­en Schlüssel aufzunehme­n. Seit dem vergangene­n September wurden laut EU-Angaben von Ende April lediglich 565 Flüchtling­e aus Italien in andere EU-Länder umverteilt. Eigentlich sollten 39.600 dieser Menschen von einem europäisch­en Partnerlan­d aufgenomme­n werden. Die Flüchtling­e sitzen weiter in Italien fest. Derzeit sind 113.195 Migranten in italienisc­hen Flüchtling­slagern untergebra­cht. Ähnlich ist die Situation in Griechenla­nd. Auch hier funktionie­rt die Umverteilu­ng nicht wie vereinbart. (ag./wb)

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[ APA ] Österreich kann in Nickelsdor­f (Bild) und Spielfeld für weitere sechs Monate Grenzkontr­ollen durchführe­n.

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