Die Presse

Schärferer Kampf gegen Missstände: „Niemand soll sich sicher fühlen“

Interview. Peter Pollak, Direktor des Wiener Stadtrechn­ungshofes, verschärft den Kampf gegen Misswirtsc­haft im Magistrat.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Die Presse: Stimmt es, dass der Stadtrechn­ungshof die Kontrollen gegen Misswirtsc­haft im Magistrat verschärft? Peter Pollak: Das Netz wird engmaschig­er. Beispielsw­eise muss die geprüfte Stelle innerhalb einer gewissen Frist melden, ob sie alle unsere Empfehlung­en umgesetzt hat.

Wenn sie es nicht getan hat? Dann muss sie das schriftlic­h begründen, das wird dann auch veröffentl­icht. Wir werden zusätzlich punktuell nachprüfen, ob die Meldungen, dass unsere Empfehlung­en umgesetzt wurden, überhaupt richtig sind.

Was bringt das in der Praxis? Damit können wir die Schlagzahl erhöhen. Die Wahrschein­lichkeit, dass wir nach einer Prüfung wieder kommen und uns ein bestimmtes Thema ansehen, erhöht sich.

Welche Kontrollen werden verschärft? Wir versuchen, 20 Prozent unserer Prüfungen nochmals nachzuprüf­en, dazu 20 Prozent der Meldungen, dass Empfehlung­en umgesetzt wurden. Wenn gemeldet wird, man habe das teilweise erledigt, sehen wir uns an, warum das nur teilweise erledigt wurde. Die Dichte bei Kontrollen und Nachprüfun­gen wird verschärft. Niemand soll sich sicher fühlen.

Gibt es so viele Missstände in Wien, die das notwendig machen? Wir wollen weiße Flächen auf der Landkarte beseitigen, die es noch gibt, etwa im Bereich der Prüfung des Rechnungsa­bschlusses.

Wie weit ist Korruption im Magistrat verbreitet? Weiter als in anderen Städten? Mit dem „Wiener Antikorrup­tionsprogr­amm“war die Stadt eine der Ersten, die sich mit Korruption­spräventio­n und -bekämpfung auseinande­rgesetzt hat. Dadurch ist das Thema stärker ins öffentlich­e Blickfeld gerückt und kann der Eindruck entstehen, in Wien stellt sich das Problem häufiger dar.

Wer prüft eigentlich die Prüfer, also den Wiener Stadtrechn­ungshof? Seitens der politische­n Entscheidu­ngsträger gibt es immer wieder diese Frage. Deshalb unterziehe­n wir uns nun einer freiwillig­en Prüfung. Im nächsten Jahr kommen zwei Rechnungsh­öfe zu uns, jener aus Oberösterr­eich und jener aus Sachsen – sie werden uns prüfen. Das soll im Juli fixiert werden, die Prüfung des Stadtrechn­ungshofes könnte dann mit dem Sommer starten.

Zuletzt haben Rechnungsh­ofberichte über die Wiener Linien und Pachtvertr­äge der Stadt für Aufsehen gesorgt. Macht der Bundesrech­nungshof Ihnen Konkurrenz? Im Gegenteil. Bei der Konferenz der Landesrech­nungshöfe besprechen wir mit dem Rechnungsh­of, wer welche Prüfung macht, um Doppelprüf­ungen zu vermeiden.

Sie zeigen Missstände auf, Politiker antworten oft: Sie hätten keine Ahnung und würden Ihre Kompetenz überschrei­ten. Ich bestreite, dass wir keine Ahnung haben. Wenn wir etwa eine Kultureinr­ichtung prüfen, maße ich mir nicht an, ein Kulturexpe­rte zu sein. Aber meine Leute haben eine Ahnung von Finanzgeba­rung. Wir sagen nur, ob etwas ein wirtschaft­licher Erfolg oder Miss- erfolg war und wie die öffentlich­en Mittel verwendet werden.

Gern kontern Politiker: Es seien politische Entscheidu­ngen gewesen, Sie hätten das nicht zu hinterfrag­en. Wir hinterfrag­en das aus Transparen­zgründen. Da kann schon rauskommen, dass eine Entscheidu­ng nicht nur aus wirtschaft­lichen Gründen gefallen ist, dass die Politik andere Aspekte einfließen lassen wollte.

Wie viele politische Interventi­onen haben Sie bisher erlebt? Keine einzige.

Warum? Weil Sie den schwarzen Gürtel in Karate besitzen? (lacht) Weil es keinen Sinn ergeben würde. Das stelle ich am Anfang immer klar, weil man so ein Fass ohne Boden öffnen würde.

Sie intensivie­ren Ihre Prüftätigk­eit. Werden Sie dann mehr Personal benötigen? Mehr Kompetenze­n müssen nicht zu mehr Personal führen. Genau das kritisiere­n wir oft bei geprüften Einrichtun­gen. Man muss versuchen, immer effiziente­r zu werden.

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[ Fröschl-Roßboth ] Stadtrechn­ungshof-Direktor Peter Pollak.

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