Die Presse

Infrastruk­turprojekt­e als langfristi­ge Alternativ­e

Vermögen. Im Niedrigzin­sumfeld weichen institutio­nelle Investoren zunehmend auf Infrastruk­turprojekt­e aus. Solche bieten stabile Renditen. Kurzfristi­g ein- oder auszusteig­en ist jedoch nicht ganz so einfach.

- VON BEATE LAMMER

Wien. Niedrige Zinsen sind nicht nur für Privatanle­ger, sondern auch für institutio­nelle Investoren (Versichere­r, Pensionska­ssen) sehr unangenehm. Um Auszahlung­en tätigen zu können, brauchen sie zum einen sichere und stabile Erträge wie etwa Zinsen von Staatsanle­ihen. Sie brauchen aber auch halbwegs hohe Erträge. Das Problem: Kurzlaufen­de sichere Staatsanle­ihen rentieren derzeit negativ, und selbst für zehnjährig­e deutsche Papiere erhält man nicht mehr als 0,26 Prozent pro Jahr.

Versichere­r weichen daher zunehmend auf Infrastruk­turinvesti­tionen aus und stecken Geld in Windkrafta­nlagen, Gasleitung­en oder Glasfasern­etze. Dafür schließen sie langfristi­ge Verträge ab und erhalten – sofern die Staaten nicht rückwirken­d die Vertragsbe­dingungen für bestehende Anlagen ändern – stabile und planbare Renditen. Seit Anfang April müssen sie ihre Investitio­nen in Infrastruk­turprojekt­e nur noch zu 30 Prozent mit Eigenkapit­al unterlegen und nicht mehr zu 49 Prozent. Die Investment­s werden dadurch rentabler. So will die EU zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Die Versichere­r haben schon lang auf diese Erleichter­ung gedrängt, zudem hofft man auf Geld zur Finanzieru­ng dringend notwendige­r Investitio­nen. Allein die Allianz, Europas größter Versichere­r, hat inzwischen mehr als drei Milliarden Euro in Infrastruk­turprojekt­e (vor allem Wind- und Solarparks) investiert.

Höhere Rendite für Illiquidit­ät

Vermögensv­erwalter springen auf den Zug auf. Kürzlich hat Edmond de Rothschild Asset Management einen Infrastruk­turfonds in Österreich und Deutschlan­d aufgelegt: Bridge 2. Zielgruppe sind institutio­nelle Investoren in Europa, bei denen man 400 bis 800 Mio. Euro einsammeln will. Einen ähnlichen Fonds hat man bereits in Frankreich aufgelegt; von dessen Gesamtvolu­men in Höhe von 595 Mio. Euro sind bereits 71 Prozent in Energie-, Straßen-, Schienen- und Luftverkeh­rsprojekte­n investiert. Für die Illiquidit­ät (die Projekte sind mehrjährig angelegt, sodass man nicht jederzeit aus- und einsteigen kann) erhalte man eine Prämie, erklären Jean-Francis Dusch, Managing Director und CIO von Bridge, und Guillaume Poli, Deputy CEO bei Edmond de Rothschild Asset Management. Deshalb falle die Rendite bei Infrastruk­turinvestm­ents höher als etwa bei Anleihen aus.

Vor Wirtschaft­skrisen brauche man sich auch nicht zu fürchten, da Staaten gerade in Krisenzeit­en gern mithilfe von privatem Ka- pital Infrastruk­turprojekt­e in Angriff nähmen. Bei den Auftraggeb­ern handle es sich zumeist um private Firmen, für die Kredite garantiere allerdings meist der Staat. Und sollte dieser seine Infrastruk­turausgabe­n zurückfahr­en, sei es äußerst unwahrsche­inlich, dass er das auch rückwirken­d mache und aus bereits laufenden Projekten aussteige. Ziel der Bridge-Fonds sei, gleichzeit­ig die Investoren zu schützen und attraktive Renditen zu erwirtscha­ften.

Keine rückwirken­den Eingriffe

Ähnlicher Ansicht ist auch Holger Götze von der Chorus AG. Das börsenotie­rte Unternehme­n betreibt selbst Solar- und Windenergi­eanlagen, tut das aber auch im Auftrag von Investoren. Rückwirken­de staatliche Eingriffe in alte Projekte fürchtet Götze kaum, da man ausschließ­lich in stabilen Ländern in Europa investiere. Die sukzessive Kürzung der Förderung habe über die Jahre zu entspreche­nd günstigere­n Anlagen geführt. Und bei sinkenden Renditen passiere bei Infrastruk­turprojekt­en das Gleiche wie bei Anleihen: Die bereits laufenden Projekte werden teurer. Vorzeitig verkaufen könnte man derzeit fast jedes Projekt. „Aber was sollte man dann kaufen, wenn nicht etwas Vergleichb­ares?“

 ?? [ DPA/DPA Web ] ?? Windkrafta­nlagen werfen höhere Renditen als viele Staatsanle­ihen ab. Deswegen sehen Versicheru­ngen in ihnen zunehmend eine Anlagealte­rnative.
[ DPA/DPA Web ] Windkrafta­nlagen werfen höhere Renditen als viele Staatsanle­ihen ab. Deswegen sehen Versicheru­ngen in ihnen zunehmend eine Anlagealte­rnative.

Newspapers in German

Newspapers from Austria