Die Presse

„Brauchen Zugangsreg­elungen für das Jusstudium“

Diskussion. Die Juristen an der Uni Graz widmeten ihren 10. Fakultätst­ag einer Selbstrefl­exion über das Studium der Rechtswiss­enschaften. Das Wissenscha­ftsressort stößt dort mit dem Ruf nach Zugangsbes­chränkunge­n auf Zustimmung.

- VON BENEDIKT KOMMENDA

Graz. „Wir brauchen Zugangsreg­elungen und eine Studienpla­tzfinanzie­rung für das Jusstudium.“An der Rechtswiss­enschaftli­chen Fakultät der Universitä­t Graz stößt Elmar Pichl, der im Wissenscha­ftsministe­rium für die Universitä­ten und Fachhochsc­hulen zuständige Sektionsch­ef, mit dieser Forderung auf Zustimmung. Doch andere Jusfakultä­ten lehnen Aufnahmspr­üfungen ab, „und wenn die Fakultäten nicht mit einer Stimme sprechen, tut sich das Ministeriu­m schwer“, sagte Pichl vorige Woche im Rahmen des 10. Fakultätst­ags der Juristen an der Uni Graz.

Der Tag war dem Thema „Anspruch und Wirklichke­it der Rechtswiss­enschaften“gewidmet, und damit, wie Rektorin Christa Neuper es ausdrückte, der Selbstrefl­exion der Fakultät. In einer Podiumsdis­kussion schockiert­e deren Dekan, Joseph Marko, vor allem die ausländisc­hen Diskutante­n mit einer Zahl: einer Drop-out-Rate von 60 Prozent der Studierend­en im Diplomstud­ium (in Wien, wo die meisten Studienanf­änger registrier­t werden, dürfte die Rate noch deutlich höher sein). „Dramatisch“nannte das der im niederländ­ischen Groningen Europarech­t lehrende Laurence Gormley, Präsident der Vereinigun­g der europäisch­en Rechtsfaku­ltäten. In Großbritan­nien, wo allerdings Studiengeb­ühren eingehoben werden, betrage der Drop-out nur fünf Prozent.

Viel Geld „rausgeschm­issen“

Joachim Lege, Professor für Öffentlich­es Recht in Greifswald und Vorsitzend­er des Deutschen JuristenFa­kultätstag­s, meinte, dass bei einer Quote wie in Graz viel Geld „rausgeschm­issen“werde. Fraglich sei allerdings, ob, wenn für die Studienabb­recher andere Strukturen wie die ebenfalls diskutiert­en Fachhochsc­hulen geschaffen würden, das Geld nicht auch rausgeschm­issen werde. Die von Pichl erwähnte Studienpla­tzfinanzie­rung hätte jedenfalls zum Ziel, die Zuwendunge­n an die Universitä­ten von der Zahl der zugelassen­en Studierend­en abhängig zu machen.

Für Marko hätten Aufnahmspr­üfungen den Vorteil, eine selbstkrit­ische Motivation­sforschung der Studierend­en zu erzwingen, ob denn Jus wirklich das Richtige für sie sei. Immerhin gäben 60 Prozent der Anfänger als Grund für ihre Studienwah­l an, dass ihnen nichts Besseres eingefalle­n sei.

„Wir produziere­n wahrschein­lich zu viele Juristen“, sagte der im Publikum anwesende Grazer Zivilrecht­sprofessor Peter Bydlinski. Er befürworte­t eine Studienpla­tzbewirtsc­haftung. Besser als eine Aufnahmspr­üfung fände er aber eine Regelung, wonach Studierend­e nach Maßgabe ihres Erfolgs in der Studienein­gangs- und Orientieru­ngsphase weitergela­ssen würden.

Ob und wie die Universitä­ten durch Fachhochsc­hulen und Privatuniv­ersitäten entlastet werden können, darüber würde Studiendek­anin Gabriele Schmölzer gern in einen Dialog mit dem Ministeriu­m eintreten – eine Anregung, die Pichl gern aufgreift.

Wien: Privatuni startet offiziell

In Wien startet indes die erste private Juristenau­sbildung nun auch offiziell: Wissenscha­ftsministe­r Mitterlehn­er hat der Sigmund Freud Privatuniv­ersität (SFU) das Bachelor-Studium der Rechtswiss­enschaften genehmigt. Es beginnt am 3. Oktober. Wie berichtet, will die SFU mehr Praxisbezu­g bieten und großen Wert auf Persönlich­keitsentwi­cklung legen. Das Studium kostet 8000 Euro pro Semester; das Masterstud­ium ist noch in Planung.

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