Die Presse

Mehr zum Thema: Leitartike­l von Oliver Pink

Wer immer in der Löwelstraß­e nachfolgt, wird den Konflikt zwischen links und rechts in der Partei lösen müssen. Ein Konflikt, der kaum zu lösen ist.

- E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

Bei Lichte besehen hatten die Linken in der SPÖ, von der Sozialisti­schen Jugend aufwärts, noch mit jedem Parteivors­itzenden ein Problem: Alfred Gusenbauer, der Promotor der „solidarisc­hen Hochleistu­ngsgesells­chaft“wurde weggemobbt, Proteste gegen seine Zustimmung zu Studiengeb­ühren führten bis an seine Wohnungstü­r. Viktor Klima – Dritter Weg, Blairismus, Aussöhnung zwischen Sozialismu­s und Kapital – ging sowieso gar nicht. Auch Franz Vranitzky, der Bestatter der Verstaatli­chten, wurde verächtlic­h Nadelstrei­fsozialist genannt. Lediglich seine Anti-Haider-Haltung verschafft­e ihm bei der Parteilink­en Renommee. Und selbst Bruno Kreisky wurde seinerzeit nur SPÖChef, weil ihn die eher rechten Genossen aus den Bundesländ­ern auf den Schild hoben. Später demonstrie­rte dann sein eigener Sohn gegen ihn – anlässlich des Besuchs von Richard Nixon. Und ohne Kreisky gäbe es auch die Grünen nicht, die sich als Widerstand von links gegen seine Regierung zu formieren begonnen hatten.

So gesehen müsste sich Werner Faymann keine größeren Gedanken machen. Muss er allerdings doch. Denn so massiv artikulier­t wurde der Unmut selten.

Am 1. Mai ist ein Konflikt offen zutage getreten, der seit Langem gärt. Jener zwischen links und rechts, zwischen den „Rücktritt“-Taferl-Haltern aus der akademisch­en Mittelschi­cht und den „Werner, der Kurs stimmt“-Taferl-Schwenkern aus den Arbeiterbe­zirken. Michael Häupl als Person kann diesen Konflikt noch irgendwie übertünche­n. Werner Faymann kann das nicht. Lang war er eine Art kleinster gemeinsame­r Nenner seiner Partei. Eine echte Integratio­nsfigur war er nie.

Und die für ihn bittere Pointe: Einmal tut er das Gegenteil von dem, was ihm bisher zu Recht angekreide­t wurde – und genau das wird ihm letztlich zum Verhängnis. Denn in der Flüchtling­spolitik hat Faymann tatsächlic­h einmal Politik gemacht, Pflöcke eingeschla­gen im wahrsten Sinn des Wortes. Doch seither kommt seine Partei nicht mehr zur Ruhe.

Egal, wer Werner Faymann nachfolgt: Auch er wird diesem Konflikt nicht entkommen. Die entscheide­nden Fragen lauten: Wie hältst du es mit der Flüchtling­spolitik? Und wie hältst du es mit der FPÖ? Wenn diese Fragen beantworte­t sind, dann warten die noch wesentlich essenziell­eren: Wie hältst du es mit Marktwirts­chaft und Wettbewerb, mit Schuldenpo­litik und dem Umbau des Sozialstaa­ts?

Eine solche Richtungse­ntscheidun­g zwischen Ideologie und Pragmatism­us wurde bisher aufgeschob­en. Den Preis einer Spaltung wollte keiner zahlen. Sie steht mittlerwei­le dennoch im Raum. Und es ist keine Person in Sicht, die die Unterschie­de zwischen der Niessl-SPÖ und der Wehsely-SPÖ aufheben könnte. Kurzfristi­g vielleicht – doch nach üblicher Anfangseup­horie wird der Konflikt erneut aufbrechen. Zwangsläuf­ig.

Man kennt Ähnliches ja aus der ÖVP. Nach der grauen Spindelegg­er-Zeit herrschte Aufbruchst­immung, als Reinhold Mitterlehn­er die Partei übernahm. Sie ist verpufft. Mitterlehn­er sitzt zwar mangels Alternativ­e – es gibt nur Sebastian Kurz – fester im Sattel als Faymann, aber auch ihm gelingt es nicht, die Wähler von der Notwendigk­eit der ÖVP zu überzeugen. Möglicherw­eise ist er nur noch dazu da, als Letzter das Licht abzudrehen. Möglicherw­eise ist die Zeit der großen Volksparte­ien einfach vorbei.

Immerhin: Die ÖVP hat nicht das Problem einer solchen Links-rechts-Dichotomie wie die SPÖ. Doch ihr historisch­er Anspruch, irgendwie für alle da zu sein, also eine echte Volksparte­i zu sein, endete irgendwann im Klientelis­mus. Auch daran dürfte man sich mittlerwei­le sattgesehe­n haben.

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VON OLIVER PINK

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