Schwieriger Umgang mit Unsicherheit
Der Klimawandel ist unbestritten. Prognosen für Wetter oder Wirtschaft sind aber schwierig, wie eine Salzburger Forscherin anhand der Unsicherheit von Klimamodellen zeigt.
Auch wenn wir es nicht gern hören: Es gibt einen weltweiten Temperaturanstieg. Doch wie sich diese Erhöhung wo in welcher Form auswirkt, lässt sich nicht eindeutig prognostizieren. Es gibt viele Unsicherheiten, die Forscher in ihren Klimamodellen akzeptieren müssen, um am Ende eine Vorhersage machen zu können. Wenn die Ergebnisse solcher Berechnungen veröffentlicht werden, dann bringen Medien und Politik die Botschaften auf den Punkt. Je nachdem wird in Horrorszenarien oder Entwarnungen ein Bild in Schwarz oder Weiß gemalt. Dass die Berechnungen auch mit Unsicherheiten behaftet sind, fällt oft unter den Tisch.
Die Unsicherheiten bei Klimaprognosen sind das Spezialthema einer Salzburger Wissenschaftlerin. Charlotte Werndl, Professorin für Logik und Wissenschaftstheorie am Fachbereich Philosophie der Uni Salzburg, ist nicht nur ausgebildete Philosophin, sondern auch Mathematikerin. Der interdisziplinäre Zugang macht sie zu einer gefragten Ansprechpartnerin für Klimaforscher, die sich mit erkenntnis- und entscheidungstheoretischen Perspektiven auseinandersetzen. Bis zur Berufung an die Uni Salzburg arbeitete Werndl an der London School of Economics eng mit Klimaforschern zusammen.
„Die Durchschnittstemperatur der Erde steigt. Daran gibt es keinen Zweifel“, erklärt Werndl. Aber in die riesigen Modellrechnungen der Klimaforscher fließen viele Variablen ein, die nicht eindeutig bestimmbar sind.
Klima für 2050 unberechenbar
Ein Beispiel: Um eine weltweite Klimavorhersage für das Jahr 2050 berechnen zu können, braucht es von jedem Punkt der Erde das aktuelle Wetter. „So viele Messpunkte gibt es gar nicht“, macht Werndl deutlich. Ausgangsbasis der Klimamodelle sind immer auch Schätzungen und Annahmen. „Anders geht es gar nicht“, sagt Werndl.
Das macht diese Vorhersagen nicht unbrauchbar. Aber die Unsi- cherheiten etwa bei den Ausgangsbedingungen müssten auch bei der Präsentation des Ergebnisses offen angesprochen werden, fordert Werndl. Die Wissenschaftler würden dies meist tun. Doch in die Berichterstattung über die Ergebnisse, die ja auch Basis für konkretes Handeln sind, fließen sie häufig nicht mehr ein. Wenn beispielsweise aufgrund von Klimaprognosen ein besserer Hochwasserschutz geplant werde, müsse man sich sehr genau ansehen, auf Basis welcher Annahmen und Variablen die Modellrechnung erstellt wurde. Sonst könne es passieren, dass viel Geld in eigentlich sinnlose Maßnahmen investiert werde, sagt Werndl.
Die Fragen, mit denen sich die Philosophin beschäftigt, klingen nur auf den ersten Blick einfach: Was genau bedeutet Klima und Klimawandel? Warum wissen wir, dass es den Klimawandel gibt? „Es gibt bisher in Wissenschaftskreisen keine einheitliche Meinung darüber, was die beste Evidenz für den Klimawandel darstellt“, erläutert die Salzburgerin.
Treibhausgas als Evidenz?
Es gebe ein Lager, das von einem eher physikalischen Verständnis, basierend auf dem Treibhausgas ausgehe, ein anderes ziehe Evidenz von komplexen Klimamodellen vor. Die Diskussion darüber läuft.
Werndl geht es auch um die Konzeptionierung der Unsicherheit in einer Modellrechnung. Kleine Unsicherheiten könnten in komplexen Prognoserechnungen große Auswirkungen auf das Ergebnis haben. „Für unser Handeln ist es wichtig, dass wir diese Unsicherheiten auch kennen“, plädiert sie für einen offenen Umgang.
Schließlich gehe es darum, auch künftigen Generationen eine lebenswerte Welt zu hinterlassen. „Das ist eine ethische Frage, die wir uns stellen müssen“, sagt Werndl. Den Einfluss des Menschen auf den Klimawandel könne man nicht mehr leugnen.
Es werde Zeit, dass endlich stärkere Maßnahmen gesetzt werden, um den Temperaturanstieg zu begrenzen. Modelle, die nicht nur schwarz-weiß malen, sondern offen mit Unsicherheiten umgehen, sind für Werndl eine Grundvoraussetzung dafür, dass aus guten Vorsätzen auch konsequentes Handeln werden kann.
von Kohlendioxid, Methan und Stickstoffoxid sind durch menschliche Aktivitäten seit den 1750er-Jahren drastisch gestiegen. Der Anstieg wurde hauptsächlich durch die Verwendung fossiler Brennstoffe und die Landwirtschaft verursacht.
ist durch Daten der weltweiten Oberflächentemperatur, der Ozeantemperatur, des Schmelzens von Eis und Schnee und der Zunahme des Meeresspiegels belegt. Eine Erwärmung der Erde um etwa 0,2°C pro Jahrzehnt wird für die nächsten zwei Jahrzehnte vorhergesagt.