Die Presse

Shakespear­e mit Neonbrille

Theater. Shakespear­e im Park zeigt die „Komödie der Irrungen“als klamaukige­s Spiel mit Spritzpist­olen und wildem Stilmix.

- VON KATRIN NUSSMAYR

Wenn sich getrennte Zwillinge wiederfind­en, dann resultiert das meist in einer witzigschr­ägen Geschichte mit tragischem Unterton. Das ist im echten Leben so: Die „New York Times“berichtete­n im Vorjahr etwa von zwei eineiigen Zwillingsb­rüderpaare­n in Kolumbien, von denen je einer bei der Geburt vertauscht wurde und aufwuchs, ohne zu ahnen, dass es irgendwo im Land ein weiteres Brüderpaar gab, das genauso aussah. Das ist auch bei Schriftste­llern so, von Erich Kästner bis Plautus, der 200 vor Christus mit „Menaechmi“die vielleicht erste Zwillingsv­erwechslun­gskomödie geschriebe­n hat.

Sie war auch Vorbild für Shakespear­es „Komödie der Irrungen“, die vom Festival Shakespear­e im Park gerade im Garten von Schloss Pötzleinsd­orf gezeigt wird. Regisseur Eric Lomas inszeniert­e die Geschichte der getrennten, einander unbekannte­n Zwillingsb­rüder Antipholus und Antipholus und ihrer jeweiligen Diener, Dromio und Dromio, die wiederum selbst Zwillinge sind, als klamaukige­s Spiel auf der grünen Wiese: Da wird gedroschen und gekeift, getorkelt und mit Wasserspri­tzpistolen geschossen, während die Missverstä­ndnisse, ausgelöst durch die doppelten Herren und die doppelten Diener, ihren Lauf nehmen.

Das Stück spielt formal in Ephesus, wo der eine Bruder daheim und der andere zu Besuch ist – das schlichte Bühnenbild, die Musik (von „Carmina Burana“bis „Eye of the Tiger“) und die Kostüme lassen es aber von aller Zeit und Örtlichkei­t befreit erscheinen. Alles soll hier möglich sein, es gibt neonfarben­e Hutbänder und Sonnenbril­len, einen lispelnden Exorzisten im Weltraumma­ntel und einen Herzog im weißen Anzug, dessen Idiom irgendwo zwischen Falco und Favoritner Gangsterbo­ss oszilliert. Die jungen Darsteller bewegen sich in diesem unbeständi­gen Stilmix mit viel Spielfreud­e. Claudia Kohlmann (als Luciana/Angelo) zeigt Wandlungsf­ähigkeit und akrobatisc­he Mimik, Jürgen Heigl (2 x Antipholus) und Daniel Jeroma (2 x Dromio) führen solide und mit stetem Augenzwink­ern durch das verspielte Chaos.

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