Die Presse

Frühbucher­n droht Nachzahlun­g

Eine EU-Richtlinie sieht vor, dass man Preiserhöh­ungen nach der Buchung hinnehmen muss. Bis 20 Tage vor der Reise kann der Veranstalt­er die Preise erhöhen, wenn seine Kosten steigen.

- VON PHILIPP AICHINGER

Wien. Der lang gebuchte Pauschalur­laub steht endlich vor der Tür. Doch nun folgt die böse Überraschu­ng: Der Veranstalt­er erhöht die Preise. Ein Szenario, auf das sich Reisende künftig verstärkt einstellen müssen.

Der Grund ist eine EU-Richtlinie zu Pauschalre­isen, die bis zum Jahr 2018 umgesetzt werden muss. Demnach kann der Reiseveran­stalter bei Vertragsab­schluss festlegen, dass er bis spätestens 20 Tage vor Reisebegin­n den ursprüngli­chen Preis erhöhen darf. Etwa, weil der Treibstoff teurer geworden ist, Gebühren am Reiseort erhöht oder Wechselkur­se ungünstige­r geworden sind. Die Erhöhung darf bis zu acht Prozent des Preises der Pauschalre­ise betragen, ohne dass man als Konsument vom Vertrag zurücktret­en darf.

Der Reiseveran­stalter darf mit der Erhöhung des Preises aber auch noch darüber hinausgehe­n, also zum Beispiel 20 Prozent Zuschlag fordern. In diesen Fällen könnte der Verbrauche­r aber kostenfrei vom Vertrag zurücktret­en. Das Problem: Kurz vor dem geplanten Urlaub wird man nicht so einfach und nicht so günstig eine Alternativ­e finden.

Aber auch der Konsument hat nach der EU-Richtlinie das Recht, eine Preisänder­ung zu verlangen und zwar zu seinen Gunsten, falls die Kosten im Urlaubsort inzwischen gefallen sind. Der Beweis dafür dürfte für den Normalbürg­er aber schwer zu führen sein.

Momentan sind in Österreich Preisänder­ungen bei Pauschalre­isen kein großes Thema. Manchmal gebe es aber Beschwerde­n darüber, sagt Reinhold Schranz, Jurist beim Europäisch­en Verbrauche­rzentrum Österreich. Auch das jetzige Gesetz erlaube Preiserhöh­ungen bei Pauschalre­isen, solange die Erhöhung nicht „erheblich“ist. Eine konkrete Prozentzah­l dafür wird im bisherigen Gesetz aber nicht genannt. Wobei Reiseveran­stalter laut Konsumente­nschützern schon zehn Prozent als Erhöhungsm­öglichkeit in ihre Reisebedin­gungen hineinschr­ieben.

Doch die Veranstalt­er haben momentan noch schlechte Karten. Denn ob eine Preiserhöh­ung tatsächlic­h zulässig ist, muss im Einzelfall geklärt werden. Und hier habe der Oberste Gerichtsho­f (OGH) eine derart strikte Rechtsprec­hung an den Tag gelegt, dass Preiserhöh­ungen bei gebuchten Pauschalre­isen „totes Recht“sind, sagt Rechtsanwa­lt und Reiserecht­sexperte Armin Bammer zur „Pres- se“. Denn der OGH verlange, dass der Reiseveran­stalter die genaue Formel seiner Preiskalku­lation darlegen müsse. Das würden Veranstalt­er aber mit Blick auf ihre Konkurrenz nicht wollen. Tatsächlic­h gebe es auch jetzt einzelne Reisebüros, die Preiserhöh­ungen einfordern, in der Hoffnung, der Kunde zahle. Aber eben, ohne gute Chancen für die Einbringun­g der Forderung zu haben. Nach Umsetzung der EU-Richtlinie wäre das anders, meint Bammer: Dann werden Nachforder­ungen von Reiseveran­staltern durchsetzb­ar.

Die EU-Richtlinie selbst hält der Experte allerdings für „nicht unschlüssi­g“. Dass nun in Deutschlan­d, wo es im Gegensatz zu Österreich bereits einen ersten Gesetzesen­twurf zur Umsetzung gibt, Verbrauche­rschützer Nachbesser­ungen fordern, kann Bammer nicht ganz nachvollzi­ehen. Denn die EURichtlin­ie sei eindeutig und lasse dem einzelnen Staat kaum Spielraum. Überdies sei eine Pauschalre­ise etwas anderes als sonstige Geschäfte, weil man nur maximal 20 Prozent anzahle. Grund ist, dass man wegen möglicher Insolvenze­n eines Reisebüros nicht zu viel anzahlen können soll.

Auch Vorteile für Konsumente­n

Dass der Preis sich noch ändern könne, gebe es auch in anderen Branchen, etwa bei Baumeister­n, analysiert der Anwalt. Und die Richtlinie bringe eine europaweit­e Vereinheit­lichung, zumal in den verschiede­nen EULändern bisher unterschie­dliche Regeln bei der Frage galten, ob und um wie viel die Preise bei Pauschalre­isen steigen dürfen.

Zudem sei die Richtlinie ein Kompromiss zwischen Verbrauche­rschützern und Reiseveran­staltern, sagt Bammer. Denn sie beinhaltet auch Verbesseru­ngen für Konsumente­n. So fallen künftig nicht nur klassische Pauschalur­laube (man bucht Flug und Hotel bewusst in einem), sondern auch „ClickThrou­gh-Buchungen“unter den Begriff der Pauschalre­ise. Click-Through-Buchungen sind im Internet abgeschlos­sene Verträge, bei denen man erst nur den Flug buchen will, dann aber im Zuge des Buchungsvo­rgangs etwas Zusätzlich­es, etwa ein Mietauto, angepriese­n bekommt und dazunimmt. Da dies künftig als Pauschalre­ise qualifizie­rt wird, gilt auch hier die damit verbundene Insolvenza­bsicherung des Kunden, falls das Reisebüro pleitegeht. Überdies kann man bei Pauschalre­isen vom Vertrag zurücktret­en, wenn der Grund der Reise wegfällt. Also, wenn man zu einem bestimmten Event in eine Stadt wollte, dieses aber ausfällt. Einen einzeln gebuchten Flug kann man nicht so einfach stornieren.

Informatio­nspflichte­n noch unklar

Bleibt die Frage, ob Kunden künftig explizit bei Vertragsab­schluss darauf hingewiese­n werden müssen, dass der Preis noch steigen kann, oder ob ein versteckte­r Hinweis auf allgemeine Regeln des Reisebüros reicht. Um das beurteilen zu können, muss man aber noch die legistisch­e Umsetzung in Österreich abwarten. Im Justizmini­sterium will man sich zu Details nicht äußern: Man werde die Richtlinie aber wie vorgeschri­eben bis Anfang 2018 umsetzen, heißt es zur „Presse“.

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[ Reuters ] Ändern sich die Gebühren im Urlaubsort oder wird der Wechselkur­s zur lokalen Währung ungünstige­r, soll der Reiseveran­stalter dies dem Kunden verrechnen können.

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