Die Presse

Die Kinder dienten nur als Druckmitte­l

Das unfaire Spiel eines Kindergart­enbetreibe­rs.

- VON JULIA NEUHAUSER julia.neuhauser@diepresse.com

Die selbst gebastelte­n Plakate, die vor dem Rathaus von den Kindgarten­kindern in die Höhe gehalten wurden, waren wirklich herzzerrei­ßend: „Ich will bei meinen Freunden bleiben“, „Alles auf meinem Rücken“oder „Lasst uns nicht im Regen stehen“war zu lesen. Wer wagt da schon, hart durchzugre­ifen und 2300 Kinder und deren Eltern zu enttäusche­n?

Die Stadt Wien traut sich das nicht. Darauf hat Richard Wenzel, der die 33 Alt-WienKinder­gärten betreibt, wohl von Beginn an spekuliert und einen sehr lockeren Umgang mit den Fördermill­ionen der Stadt gepflegt. 6,6 Millionen Euro soll er zu Unrecht in ein im Familienbe­sitz befindlich­es Schloss in Bad Aussee, eine Reit- bzw. Ballettsch­ule sowie in den Bau eines Kindergart­ens gesteckt haben.

Bislang blieb das, obwohl man ihn vor längerer Zeit ertappte, ohne Konsequenz­en. Seit Monaten verhandelt die Stadt mit ihm. Man wollte eine kinderfreu­ndliche Lösung. Doch Wenzel stimmte nicht zu. Er taktierte. Irgendwann wurde es der Stadt zu bunt. Sie stoppte die Gelder und machte den Fall publik. Doch auch die Öffentlich­keit nützte Wenzel für sich. Ohne Geld müsse er die Kindergärt­en schließen. Damit standen von einem Tag auf den anderen die Arbeitsplä­tze von 300 Kindergart­enpädagoge­n und die Betreuung von 2300 Kindern auf dem Spiel. Durch den Aufschrei der Betroffene­n konnte sich Wenzel nun noch ein paar Zugeständn­isse sichern. Beschämend, wie die verständli­che Sorge von Eltern und Bedienstet­en hier instrument­alisiert wurde.

Newspapers in German

Newspapers from Austria