Die Presse

„Die Bauern sind nicht privilegie­rt“

Landwirtsc­haft. Die Einkommen der Bauern werden sich so bald nicht erholen, sagt der neue Generalsek­retär der Landwirtsc­haftskamme­r, Josef Plank. Und fordert finanziell­e Unterstütz­ung.

- VON JEANNINE BINDER

Wien. Diese 167 Millionen Euro bieten noch einiges an Zündstoff: So hoch ist der Betrag, der den österreich­ischen Bauern heuer an Sozialvers­icherungsb­eiträgen erlassen werden soll. Ein durchschni­ttlicher Betrieb soll sich damit 1500 bis 2000 Euro ersparen. Diese Notfallmaß­nahme, die den Bauern in Zeiten sinkender Einkünfte helfen soll, wurde kürzlich im Ministerra­t beschlosse­n. Doch das letzte Wort ist in der Angelegenh­eit noch nicht gesprochen.

Die SPÖ besteht darauf, dass die Bauern das Geld zurückzahl­en müssen. Und nach dem aktuellen Stand der Dinge wird das auch so sein: Die gestundete­n Versicheru­ngsbeiträg­e werden bis spätestens 1. Jänner 2019 fällig. Unter der Voraussetz­ung, dass sich der Markt nicht noch nachteilig­er entwickelt. Die Details würden im Herbst diskutiert, sagte Landwirtsc­haftsminis­ter Andrä Rupprechte­r (ÖVP).

Josef Plank, ab kommendem Montag neuer Generalsek­retär der Landwirtsc­haftskamme­r Österreich, rechnet aber nicht damit, dass die Landwirte das Geld zurückzahl­en müssen. „Ich sehe in den nächsten Jahren keine Situation, die so gut wäre, dass diese Beiträge zurückgeza­hlt werden können“, sagt Plank zur „Presse“. Nachdem es in diesem Punkt offensicht­lich noch „gewisse Irritation­en“gebe, müsse das im Herbst präzisiert werden.

„Können nicht zurückzahl­en“

Wobei „Irritation­en“untertrieb­en sein dürfte. Die Bauernhilf­e könnte das Zeug zum Koalitions­krach haben. Auch die parteinahe­n Organisati­onen streiten eifrig mit: Die Arbeiterka­mmer sprach sich vehement gegen einen „Bauernraba­tt“aus. Der Bauernbund verlangte ein „echtes Quartalsst­orno ohne Wenn und Aber“. Roman Hebenstrei­t, Vizechef der Gewerkscha­ft Vida und oberster Bahngewerk­schafter, kün-

digte eine Beschwerde bei der EUKommissi­on an, sollte den Bauern der Beitrag erlassen werden. Plank sieht dem gelassen entgegen: „Das ist jetzt kein Grund, besonders aufgeregt zu sein“, sagt er. „Die einzige Lösung, die wirklich hilft, ist ein Aussetzen des Beitrages. Und das heißt: keine Rückzahlun­g.“

Laut Daten aus dem „Grünen Bericht“, der jährlich die Situation der österreich­ischen Bauern dokumentie­rt, sanken die Einkünfte aus Land- und Forstwirts­chaft 2015 im Vergleich zum Jahr zuvor um 17 Prozent. Einem durchschni­ttlichen Betrieb blieben demnach 19.478 Euro. Besonders die Milchpreis­e befinden sich im Sinkflug. Die Produktivi­tät steigt, zudem lief im Vorjahr die Milchquote aus, die die Produktion regelte. Im April erhielten die heimischen Milchbauer­n von den Molkereien im Schnitt 28 Cent für ein Kilo konvention­ell erzeugte Milch. Die EU-Agrarminis­ter schnürten ein 500 Millionen Euro schweres Hilfspaket. Zusätzlich zu den rund 55 Milliarden Euro, die jedes Jahr zur Unterstütz­ung der Bauern und des ländlichen Raumes fließen.

Plank findet dennoch nicht, dass Bauern besondere Privilegie­n hätten. „Die Bauern sind nicht privilegie­rt, wenn man sich die Einkommen ansieht.“Auch von der Politik würde die Landwirtsc­haft nicht begünstigt. „Die österreich­ische Landwirtsc­haft ist klein strukturie­rt und hat enorm hohe Standards. Nur über den Markt ist das nicht zu machen. Ich glaube, die Gesellscha­ft tut gut daran, eine Gruppe, die für das Land besondere Leistung bringt, zu unterstütz­en.“

„Spritsteue­r zu hoch“

Umwelt- und Landwirtsc­haftsminis­ter Rupprechte­r forderte kürzlich ein Ende des Steuervort­eils für Dieselfahr­zeuge. Das würde für die Bauern, die ihre Traktoren mit Diesel betreiben, Mehrkosten bedeuten. Für Plank ist das kein Grund für Missgunst. Im Gegenteil: Die Gesprächsb­asis mit Rupprechte­r sei „ausgezeich­net“: „Diese Forderung ist nicht unberechti­gt, allein aus klimapolit­ischen Gründen.“

Die österreich­ischen Bauern seien aber benachteil­igt, weil sie für Sprit höhere Steuern zahlten als Kollegen in einigen anderen Ländern. Früher wurde den Landwirten die Mineralöls­teuer rückvergüt­et, mit 2013 lief diese Begünstigu­ng aus. Das koste die Bauern 80 bis 100 Millionen Euro im Jahr, sagt Plank. „In Zeiten wie diesen ist das ein harter Brocken.“Dieser „Wettbewerb­snachteil“müsse ausgeräumt werden, sagt Plank.

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[ AFP ] Weil das Futter immer besser wird, liefern Kühe immer mehr Milch. Die Überproduk­tion führt zu fallenden Preisen.

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