Die Presse

Eine Restplatzb­örse für die Schönheit

Nicht nur Reisen kann man last minute günstig erstehen. Zwei Deutsche hatten da noch eine ganz andere Idee. Viele Privatärzt­e haben ungewollt Stehzeiten. Und viele Menschen finden sich nicht schön. Das ergänzt sich, fanden zwei deutsche Unternehme­r.

- E-Mails an: judith.hecht@diepresse.com

Restplätze bucht, wer Lust hat, ad hoc auf Urlaub zu fahren oder abends spontan ins Theater zu gehen. Dass auch einen günstigen Restplatz ergattern kann, wer den Drang verspürt, sich einer Oberlidstr­affung oder einer Brustvergr­ößerung zu unterziehe­n, auf diese Idee kommt wohl niemand so schnell.

Die Gründer der Firma Mediadate können sich zufrieden die Hände reiben. Sie hatten diesen Einfall und gründeten in Berlin ein Start-up. Heute – nur zwei Jahre später – zählt es 70 Mitarbeite­r und bietet seine Leistung seit Kurzem auch in Großbritan­nien an.

Wie das Ganze funktionie­rt? Das Konzept ist simpel: Privatklin­iken und -ärzte leiden darunter, zu bestimmten Zeiten nicht ausgelaste­t zu sein. Mindestens ebenso viele Menschen leiden unter ihrem Aussehen und wollen es verändern. Wieso also nicht beide zusammenbr­ingen und damit Geld ver- dienen?, dachten sich die Deutschen Eiko Gerten und Nico Kutschenko.

Gesagt, getan. Wer sein Äußeres nicht mehr erträgt, braucht nur zum Hörer zu greifen und sein Leid einem Mediadate-Kundenbera­ter zu klagen. Diese hätten allesamt einen medizinisc­hen Hintergrun­d, betont Geschäftsf­ührer Fabian Löhmer. Trotzdem ist nicht immer gleich klar, welchen Eingriff der Anrufer plant. Dabei informiere­n sich 80 Prozent der Deutschen, die eine plastisch-chirurgisc­he Operation planen, schon vorweg gründlich über das Internet. Löhmer: „Es handelt sich schließlic­h um Behandlung­en, die der Patient meist aus eigener Tasche bezahlen muss.“Deshalb will er nicht nur an einen guten, sondern auch an einen erschwingl­ichen Arzt geraten. Genau in dieser Orientieru­ngsphase bietet das Startup Hilfe – und verdient mit jeder Patientenv­ermittlung gutes Geld.

Sobald einmal feststeht, was der Anrufer machen lassen will, vereinbart der Kundenbera­ter prompt einen Besprechun­gstermin mit einem der Partnerärz­te in der Nähe des Patien- ten. Nur zur Klarstellu­ng: Niemand kommt unter das Messer, bevor er nicht von einem Spezialist­en beraten und über Risken aufgeklärt worden ist.

Die Visite beim Arzt kann sich also niemand ersparen, auch wenn er es noch so eilig hat. Dafür aber viel Geld, wenn er zeitlich flexibel ist. Wer bereit ist, sich montags in aller Früh oder spätabends unter das Messer zu legen, den kann die Nasenkorre­ktur bis zu 30 Prozent weniger kosten.

Dieses Konzept spricht offenbar viele an. 6000 Leute rufen im Schnitt pro Monat bei Mediadate an. Allerdings: So billig, wie die Eingriffe teilweise im Ausland angeboten würden, sei man nicht und wolle man auch nicht sein. Das Unternehme­n setze eben auf Qualität, so Löhmer. Übrigens: Privatärzt­e mit Stehzeiten und mit ihrem Aussehen Unzufriede­ne gibt es in Österreich ja auch. Wann wird es denn hier die Restplatzb­örse der Schönheit geben? „Stimmt, Österreich ist interessan­t. Darum schauen wir uns den Markt gerade genau an“, sagt der Chef.

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