Die Presse

Eine moderne Stadt – damals

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Bis Ende der 1970er-Jahre, ehe die Stadt zum Kriegsscha­uplatz und Ziel wiederkehr­ender Bombardier­ungen wurde, war Basra eine moderne Stadt. Ich sage dies nicht nur, weil ich die Stadt gut kenne, seit ich einen beträchtli­chen Teil meiner Kindheit hier verbracht und immer meinen Großvater begleitet habe, der als Inspektor bei der irakischen Dattel-Company arbeitete. Nicht nur, weil ich daran gewöhnt war, diese sommerlich­en Wochen des Nichtstuns im Haus meiner Großeltern in Basra zu verbringen, und auch nicht, weil diese Stadt mein Geburtsort ist. Nein, vor allem, weil alle historisch­en Aufnahmen aus der Stadt dies bezeugen: alte Häuser, die in ihrer Bauweise an die internatio­nale Bauhaus-Architektu­r erinnern; moderne Autos, die auf ordentlich gepflaster­ten Straßen dahinrolle­n; Passanten, die auf sauberen Gehsteigen flanieren. Und vor allem die Vielzahl kleiner Kanäle und Grachten, derentwege­n die Stadt einst auch als „Venedig des Ostens“bezeichnet wurde, damals, als man nicht wusste, mit welchem Ehrentitel man Basra bedenken sollte, da die Stadt sie alle verdiente: das Basra des Hafens und der Seeleute aus aller Welt, das Basra der Corniche mit allen nur erdenklich­en Restaurant­s und Weinschenk­en, das Basra des al-Watani-Boulevards mit seinen Vergnügung­slokalen und Kinos, das Basra der Palmenwäld­er, der abendliche­n Unterhaltu­ng und seiner Dichter. Dieses Basra ist heute leider nur noch Abbild der Verheerung des gesamten Landes.

Wie also hätte ich anfangs nicht am Erfolg eines Schreibwor­kshop-Projekts zwei-

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