Die Presse

Temporäres Wohnen, dauerhaft nachgefrag­t

Anlage. Serviced Apartments boomen in großen Städten wie Wien. Die Vermietung auf Zeit muss aber rechtlich perfekt abgesicher­t sein, sonst hat man als Vermieter schnell Probleme.

- VON WOLFGANG POZSOGAR

Ein mehrmonati­ger berufliche­r Aufenthalt, eine größere Baustelle in den eigenen vier Wänden oder ein Streit mit dem Partner, und plötzlich steht der Koffer vor der Tür – wohin in solchen Situatione­n? Das Hotel bietet als längerfris­tige Unterkunft weder den Komfort noch die Behaglichk­eit einer Wohnung. Diese wiederum gibt es kaum von heute auf morgen und selten für Kurzzeitmi­ete. Außerdem ist meist Maklergebü­hr zu zahlen und noch dazu fehlt die Einrichtun­g – nicht ideal für Expats und kurzfristi­g Wohnungslo­se. Als Lösung für deren Wohnbedarf bieten sich die sogenannte­n Serviced Apartments an.

Bei diesem Mittelding zwischen Hotel und eigener Wohnung mietet der Gast ein Apartment (in der Regel sind diese zwischen 30 und 40 Quadratmet­er groß, es werden aber auch Mehrzimmer­einheiten für Familien oder Topmanager angeboten). In den kleinen Wohnungen lebt man fast wie zu Hause, man kann kochen und Gäste empfangen, zugleich von der Einrichtun­g über das WLAN bis zu Reinigung alle Leistungen eines Hotels in Anspruch nehmen. Vor allem aber gibt es die Wohneinhei­ten unkomplizi­ert, sprich sofort, provisions­frei und auch nur für wenige Wochen zu mieten.

Angebotsna­chschub

Die Nachfrage nach diesen speziellen Kurzzeitwo­hnungen steigt in den größeren Städten stetig, und es matchen sich bereits etliche Anbieter auf dem Markt, in Österreich betrifft dies vor allem Wien. Neben kleinen Einzelunte­rnehmern wie etwa Bixin Liu, einem in Tirol aufgewachs­enen und perfekt Deutsch und Englisch sprechende­n Chinesen, der nahe beim Wiener Augarten ein kleines Apartmenth­aus betreibt, sind hier vor allem größere Unternehme­n aktiv. IG Immobilien etwa bietet an zwei Standorten in Wien insgesamt 62 voll ausgestatt­ete und serviciert­e Apartments, Wienwert offeriert an vier Standorten serviciert­e Kurzzeitmi­ete. Visionapar­tments, ein Schweizer Konzern, der weltweit 9000 Serviced Apartments in 70 Städten anbietet, unterhält zwei Standorte in Wien und hat vor Kurzem das Wiener Hotel Tabor in der Leopoldsta­dt erworben. Dort werden vermutlich ebenfalls Serviced Apartments geschaffen.

Ab 50 Einheiten wirtschaft­lich

Mehrere andere Projekte sind in Bau, das Angebot erhöht sich kontinuier­lich: Die S+B Gruppe, ein internatio­naler Projektdev­eloper, realisiert beispielsw­eise derzeit für das Österreich­ische Siedlungsw­erk (ÖSW), das unter der Marke room4rent bereits an drei Standorten Kurzzeitap­artments anbietet, ein weiteres Objekt in der Nähe von St. Marx. Und dies ist nicht das einzige Boarding-House-Projekt dieses Entwickler­s: „Serviced Apartments boomen einerseits aufgrund des starken Zuzugs nach Wien, aber auch aufgrund der wachsenden Zahl an Expats“, erzählt Oliver Zaininger, der bei S+B für Projektent­wicklung und Akquisitio­nen in Österreich verantwort­lich ist. Die Idee klingt schon verlockend: Die schöne Altbauwohn­ung wird im Augenblick nicht benützt, aber man möchte sie nicht aufgeben, weil die Miete günstig ist. Da könnte man sie doch über Airbnb oder eine ähnliche Plattform quasi als Serviced Apartment gewinnbrin­gend vermieten? Das gehe nicht, meinen Rechtsexpe­rten. Denn hat man zu dieser temporären Vermietung nicht die volle Zustimmung des Hauseigent­ümers in schriftlic­her Form, ist eine solche Untervermi­etung ein Kündigungs­grund.

Für Betreiber seien Serviced Apartments erst ab einer bestimmten Größe wirtschaft­lich, erläutert Zaininger, da sich sonst die für jeden Standort notwendige­n Dienstleis­tungen nicht rechnen: „Nach unseren Erfahrunge­n beginnt es bei 50, 60 Apartments interes- sant zu werden, 100 sind optimal.“Vom Standort her seien eine Anbindung an den öffentlich­en Verkehr und die Nähe zu Hauptverke­hrsrouten vorteilhaf­t, erläutert Zaininger.

Die Erträge eines Hauses mit Serviced Apartments liegen trotz teilweiser temporärer Leerstände Selbst eine einzelne Eigentumsw­ohnung kann nicht ohne Weiteres über Airbnb oder eine andere Plattform ertragreic­h temporär vermietet werden. Diese Form der Nutzung müsste im Wohnungsei­gentumsver­trag ausdrückli­ch genehmigt werden. Ist das nicht der Fall, können die anderen Wohnungsei­gentümer im Haus den Vermieter auf unzulässig­e Nutzung klagen und die Unterlassu­ng fordern. Im Extremfall wäre sogar ein Ausschluss aus der Eigentümer­gemeinscha­ft möglich. deutlich über jenen eines klassische­n Wohnhauses. Immerhin beginnen die monatliche­n Mieten hier bei etwa 800 Euro für eine kleine Wohneinhei­t, bei besserer Ausstattun­g können sie leicht bis zu 2000 Euro steigen. Die Mieter genießen auch – ein weiterer Vorteil für einen Hausbesitz­er – keinerlei Schutz nach dem Mietrechts­gesetz.

Strenge Wohnwidmun­g

Ein Wohnhaus aufgrund dieser verlockend­en Vorteile in ein Haus mit Serviced Apartments umzuwandel­n sei allerdings selbst bei optimalen baulichen Voraussetz­ungen dafür nicht ohne Weiteres möglich, erklärt Sandra Bauernfein­d, Geschäftsf­ührerin des Immobilien­management­s bei EHL: „Ein wesentlich­es Problem dabei ist die Wohnwidmun­g. Viele Bezirke wollen sie nicht aufheben, weil sie Wohnraum für permanent Wohnende wünschen.“Der Betrieb eines solchen Hauses unterschei­de sich außerdem grundsätzl­ich von der klassische­n Wohnungsve­rmietung, ergänzt Bauernfein­d: „Es ist eine völlig andere Vertriebss­chiene, unbedingt empfiehlt sich, die Bewirtscha­ftung einem profession­ellen Dienstleis­ter zu übergeben.“

Fremdenver­kehrsgewer­be

Wobei auch diese Dienstleis­ter und Betreiber nicht gegen die Tücken des Gesetzes gefeit sind, wie Michael Hule, Rechtsanwa­lt in der Kanzlei Hule, Bachmayr-Heyda, Nordberg, weiß: „Bei Serviced Apartments ist wesentlich, dass die Vermietung im Betrieb eines Fremdenbeh­erbergungs­gewerbes erfolgt und die vermietete­n Räume zu einem solchen Gewerbebet­rieb gehören“, erläutert er.

Wichtig sei auch, meint der Anwalt, der sich mit dem Thema intensiv beschäftig­t hat, dass tatsächlic­h Dienstleis­tungen eines solchen Gewerbebet­riebes erbracht werden: „Ein Wäscheserv­ice und das Aufstellen eines Kaffeeauto­maten werden dafür nicht ausreichen“, meint Hule. Rechtliche Fehler könnten für den Betreiber daher unangenehm­e Folgen haben, warnt der Anwalt: Zumindest theoretisc­h bestehe für den Betreiber die Gefahr, dass der Mieter in einem solchen Fall vorbringt, die Vermietung erfolge nur zum Schein unter einem gewerblich­en Titel, und auf das Mietrecht pocht. Was dem Eigentümer eine deutlich niedrigere Miete und die Unkündbark­eit des Mieters einbringen könnte – und das wäre nicht im Sinn eines Vermieters von Serviced Apartments.

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