Dorthin gehen, wo die Jobs sind
Arbeitsmarkt Südösterreich. Kärnten hat die schöneren Freizeitmöglichkeiten, die Steiermark die besseren Konjunkturchancen. Vielleicht kann ja ein Land vom anderen lernen.
Wer investiert denn bei uns noch?“, seufzt Gerhard Genser, Leiter der Wirtschaftspolitik der Kärntner Wirtschaftskammer. Übervorsichtige Lokalbehörden, die Gutachten über Gutachten einforderten, machten die Sache nicht einfacher. Sie lähmten die Investitionsfreude mindestens so wie die gedämpfte Konjunktur der letzten Jahre.
Die Folgen für den Arbeitsmarkt liegen auf der Hand. Er präsentiert sich mau, wenngleich auch in Kärnten nach den üblichen Verdächtigen – Fachkräften und IT – gefahndet wird.
Die Beschäftigung ist ohnehin nicht der erste Hebel. Ohne Investitionen kein Arbeitskräftezuwachs, also kurbelt man Erstere an. Mit einer Investitionsplattform, die Ideen und Geldgeber zusammenbringt, oder mit einer Investitionszuwachsprämie von zehn Prozent. Und dann sind dem Kärntner Wirtschaftsförderungsfonds KWF vergangenes Jahr 15 Millionen Euro an nicht ausgeschütteten Förderungen übrig geblieben. Sie warten noch immer auf Projekte.
Köder für die Jungen
140 Kilometer nordöstlich in Graz ortet Ewald Verhounig, steirischer WK-Leiter der Wirtschafts- und Standortentwicklung, einen Aufwärtstrend. Groß- und Mittelbetriebe stellten schon ein, freut er sich, nur die Kleinen noch nicht. „Entlang der Stärkefelder der Steiermark“würden sich die offenen Positionen reihen, Automotive, Maschinenbau, Metall und IT, alles exportierende Branchen. Dass nicht noch mehr rekrutiert werde, sei der Sorge vor dem Brexit und der Entwicklung der Türkei geschuldet.
Vor zehn Jahren machte den steirischen Personalisten noch die bescheidene Mobilität ihrer Landsleute zu schaffen. Ein Deutschlandsberger pendelte vielleicht noch nach Graz, ein Grazer kaum nach Deutschlandsberg.
Das ist heute anders. Die Arbeitskräfte gehen dorthin, wo die Jobs sind (mit Ausnahme der Geringqualifizierten, die am schwersten zu vermitteln sind). Murau weist gar eine rekordverdächtige Pendlerquote von 20 Prozent auf. Der Grund: „Reine Prestigesache. Arbeit zu haben hat dort exorbitant hohen Stellenwert.“
Andere frühere Krisenregionen putzten sich heraus, um der boomenden Landeshauptstadt Paroli zu bieten. Diese zieht nicht nur der Universität wegen junge Leute ge- radezu magnetisch an. Finden sie dort aber keinen Job, kehren sie in ihre Heimatgemeinden zurück. Warum also diese nicht von vornherein so attraktiv gestalten, dass die Jungen gar nicht weggehen?
Leoben, begünstigt durch die Montanuniversität, machte es vor. Es schloss sich mit Bruck und Kapfenberg in „sanfter Urbanität“zusammen und schuf Freizeitmöglichkeiten, wie sie sonst nur die großen Städte haben.
Es funktionierte. Wer jung sei, sagt Verhounig, erliege der Anziehungskraft von Graz: „Hat man aber erst Familie, ist man froh über ein Rückzugsgebiet.“Jetzt will man das Konzept über die gesamte Mur-Mürzfurche ausdehnen.