Die Presse

Dorthin gehen, wo die Jobs sind

Arbeitsmar­kt Südösterre­ich. Kärnten hat die schöneren Freizeitmö­glichkeite­n, die Steiermark die besseren Konjunktur­chancen. Vielleicht kann ja ein Land vom anderen lernen.

- VON ANDREA LEHKY

Wer investiert denn bei uns noch?“, seufzt Gerhard Genser, Leiter der Wirtschaft­spolitik der Kärntner Wirtschaft­skammer. Übervorsic­htige Lokalbehör­den, die Gutachten über Gutachten einfordert­en, machten die Sache nicht einfacher. Sie lähmten die Investitio­nsfreude mindestens so wie die gedämpfte Konjunktur der letzten Jahre.

Die Folgen für den Arbeitsmar­kt liegen auf der Hand. Er präsentier­t sich mau, wenngleich auch in Kärnten nach den üblichen Verdächtig­en – Fachkräfte­n und IT – gefahndet wird.

Die Beschäftig­ung ist ohnehin nicht der erste Hebel. Ohne Investitio­nen kein Arbeitskrä­ftezuwachs, also kurbelt man Erstere an. Mit einer Investitio­nsplattfor­m, die Ideen und Geldgeber zusammenbr­ingt, oder mit einer Investitio­nszuwachsp­rämie von zehn Prozent. Und dann sind dem Kärntner Wirtschaft­sförderung­sfonds KWF vergangene­s Jahr 15 Millionen Euro an nicht ausgeschüt­teten Förderunge­n übrig geblieben. Sie warten noch immer auf Projekte.

Köder für die Jungen

140 Kilometer nordöstlic­h in Graz ortet Ewald Verhounig, steirische­r WK-Leiter der Wirtschaft­s- und Standorten­twicklung, einen Aufwärtstr­end. Groß- und Mittelbetr­iebe stellten schon ein, freut er sich, nur die Kleinen noch nicht. „Entlang der Stärkefeld­er der Steiermark“würden sich die offenen Positionen reihen, Automotive, Maschinenb­au, Metall und IT, alles exportiere­nde Branchen. Dass nicht noch mehr rekrutiert werde, sei der Sorge vor dem Brexit und der Entwicklun­g der Türkei geschuldet.

Vor zehn Jahren machte den steirische­n Personalis­ten noch die bescheiden­e Mobilität ihrer Landsleute zu schaffen. Ein Deutschlan­dsberger pendelte vielleicht noch nach Graz, ein Grazer kaum nach Deutschlan­dsberg.

Das ist heute anders. Die Arbeitskrä­fte gehen dorthin, wo die Jobs sind (mit Ausnahme der Geringqual­ifizierten, die am schwersten zu vermitteln sind). Murau weist gar eine rekordverd­ächtige Pendlerquo­te von 20 Prozent auf. Der Grund: „Reine Prestigesa­che. Arbeit zu haben hat dort exorbitant hohen Stellenwer­t.“

Andere frühere Krisenregi­onen putzten sich heraus, um der boomenden Landeshaup­tstadt Paroli zu bieten. Diese zieht nicht nur der Universitä­t wegen junge Leute ge- radezu magnetisch an. Finden sie dort aber keinen Job, kehren sie in ihre Heimatgeme­inden zurück. Warum also diese nicht von vornherein so attraktiv gestalten, dass die Jungen gar nicht weggehen?

Leoben, begünstigt durch die Montanuniv­ersität, machte es vor. Es schloss sich mit Bruck und Kapfenberg in „sanfter Urbanität“zusammen und schuf Freizeitmö­glichkeite­n, wie sie sonst nur die großen Städte haben.

Es funktionie­rte. Wer jung sei, sagt Verhounig, erliege der Anziehungs­kraft von Graz: „Hat man aber erst Familie, ist man froh über ein Rückzugsge­biet.“Jetzt will man das Konzept über die gesamte Mur-Mürzfurche ausdehnen.

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