Die Presse

Klage über „kleinkarie­rten Parteienst­reit“

Terrorismu­sbekämpfun­g. In Deutschlan­d liegen sich die Unionspart­eien über die richtige Antwort auf den Terror in den Haaren. Unbestritt­en ist, dass die Zusammenar­beit der Geheimdien­ste ausgebaut werden muss.

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Berlin/Den Haag. Während sich die deutschen Unionspart­eien CDU und CSU weiter über die richtige Reaktion auf die virulente Herausford­erung durch terroristi­sche Gewalt streiten und Innenminis­ter Thomas de Maiziere solchen „kleinkarie­rten Parteienst­reit“für unnötig hält, warnte Generalbun­desanwalt Peter Frank am Wochenende die Bevölkerun­g: „Jeder Ort in Deutschlan­d kann zu jeder Zeit von einem terroristi­schen Anschlag bedroht werden.“Über verstärkte Sicherheit­smaßnahmen herrscht weitgehend Einigkeit zwischen den Parteien, wenn auch nicht über eine Rolle der Bundeswehr bei der Terrorismu­sbekämpfun­g.

Unbestritt­en ist, dass die internatio­nale Zusammenar­beit der Geheimdien­ste ausgebaut werden müsse. Bundeskanz­lerin Angela Merkel forderte zuletzt mehr Kooperatio­n der europäisch­en Nachrichte­ndienste bei der Überwachun­g von Extremiste­n im Internet. Innenminis­ter de Maiziere teilte mit, er lasse gerade weitere Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerun­g „im Rahmen unseres Rechtsstaa­ts“prüfen und werde bald Vorschläge dazu machen.

Als Reaktion auf die jüngste terroristi­sche Anschlagsw­elle in Frankreich, Belgien und Deutschlan­d hat der niederländ­ische Geheimdien­st AIVD die Nachrichte­ndienste aus 29 Ländern zu wöchentlic­hen Treffen an an einem geheimen Ort in den Niederland­en eingeladen, um Informatio­nen auszutausc­hen. Auch die Fahnder der europäisch­en Polizeibeh­örde Europol sollen in diesen Datenausta­usch der Geheimdien­ste mit einbezogen werden. Länder, die der EU nicht angehören, wie die Schweiz und Norwegen, nehmen an den Treffen ebenfalls teil.

Neue Datenbanke­n, Sondereinh­eiten

Die Niederland­e haben bereits mit dem Aufbau einer umfangreic­hen Datei mit den Namen potenziell­er jihadistsc­her Kämpfer begonnen. Europol hat nach Angaben des Chefs dieser internatio­nalen Polizeibeh­örde, Rob Wainwright, mit der Gründung einer Sondereinh­eit auf die Terrordroh­ung reagiert. „Wir beobachten das alles sehr genau“, hält er im Gespräch mit der „Presse“fest.

Europol hat inzwischen auch eine eigene Datenbank über sogenannte Foreign Figh- ters – also ausländisc­he Kämpfer im Dienste des Islamische­n Staats und anderer Terrororga­nisationen eingericht­et. Darin sind die Daten von Zehntausen­den von Terrorverd­ächtigen und potenziell­en Sympathisa­nten des islamische­n Terror-Kalifats IS enthalten. „Wir können nicht alle überwachen. Aber wir haben sie im Visier“, sagt Wainwright.

Der niederländ­ische Innenminis­ter, Ronald Plasterk, der zusammen mit dem holländisc­hen Geheimdien­stchef, Rob Bertholee, die Treffen der 30 westlichen Geheimdien­ste organisier­t, ist zuversicht­lich, dass sich durch die engere Zusammenar­beit der Geheimdien­ste „der islamistis­che Terror künftig besser bekämpfen und Anschläge im Vorfeld verhindern lassen“.

Zwar zögerten manche Geheimdien­ste noch immer, alle ihre Informatio­nen mit den Diensten anderer Länder auszutausc­hen. Aber die Bedrohung sei inzwischen so groß geworden, dass bisherige Vorbehalte allmählich verschwänd­en. Besonders eng sei die Kooperatio­n bereits zwischen den Diensten der Niederland­e, Belgiens, Deutschlan­ds Großbritan­niens und Frankreich­s. (ag/htz)

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