Die Presse

Das Versagen von Prölls Beratern

Der Bericht des U-Ausschusse­s kritisiert die Kärntner Politik sowie Finanzmark­taufsicht, Nationalba­nk und Beamte von Ex-Finanzmini­ster Pröll.

- VON MARTIN FRITZL

Wien. Eineinhalb Jahre lang hat sich der Untersuchu­ngsausschu­ss im Parlament mit der Pleite der Hypo Alpe Adria befasst. 124 Auskunftsp­ersonen wurden in 78 Sitzungen befragt. Jetzt liegt ein Entwurf für den Abschlussb­ericht vor. Man weiß zwar noch immer nicht, wie viel die Pleite der Kärntner Bank den Steuerzahl­er letztlich kosten wird, Verfahrens­richter Walter Pilgermair hat jetzt aber einmal einen 507 Seiten starken Bericht vorgelegt, in dem die Geschichte der Hypo penibel dargestell­t wird. Mit Schuldzuwe­isungen hat sich der Jurist eher zurückgeha­lten – diese werden die Fraktionen wohl noch in den Endbericht hineinrekl­amieren. Aber auch Pilgermair hat in einigen Punkten schon sehr deutliche Aussagen getroffen.

Gründe für die Pleite

Hier nennt der Bericht zwei Namen: Bankmanage­r Wolfgang Kulterer, der auf ein rasantes Wachstum der Bank setzte, und Landeshaup­tmann Jörg Haider, der dieses erst ermöglicht­e. Mithilfe der Landeshaft­ungen konnte die Bank auf Expansions­kurs gehen, ohne das nötige Eigenkapit­al und Kreditrisi­komanageme­nt zu haben. „Haider war stolz auf das rasante Wachstum der Bank und unterließ Steuerungs­maßnahmen zur Reduzierun­g der Bank. Zudem habe das Land „wirtschaft­liche Eigeninter­essen“wie eine hohe Haftungspr­ovision verfolgt. „Das höchst riskante und zum Scheitern verurteilt­e Geschäftsm­odell der Bank war der Ursprung allen Übels“, heißt es im Bericht. Kritik gibt es aber auch an der Bankenaufs­icht, die angesichts der zahlreiche­n Malversati­onsfälle zu wenig und nicht ausreichen­d geprüft habe.

Notverstaa­tlichung

Irmgard Griss hat in ihrem Hypo-Bericht die Notverstaa­tlichung der Bank im Jahr 2009 als „nicht alternativ­enlos“bezeichnet. Verfahrens­richter Pilgermair gibt in seinem Berichtsen­twurf dazu keine explizite Stellungna­hme ab und beschreibt die Zwänge, die letztlich zur Übernahme der Bank durch die Republik geführt haben: die unsichere Situation in der Wirtschaft­skrise, die möglichen Effekte einer Pleite bis hin zur sofortigen Insolvenz des Landes Kärnten und das finanziell­e Risiko, das aufseiten Österreich­s bei 25 Milliarden Euro gelegen sei.

Trotzdem gibt es schwere Kritik an der Vorgangswe­ise: Spätestens seit dem Besuch des bayrischen Finanzmini­sters, Georg Fahrenscho­n, im August 2009 in Wien sei klar gewesen, dass „Feuer am Dach“war. Der Bericht schießt sich auf die „gesamte Beratergru­ppe des Ministers“, Nationalba­nk, FMA und Ministeria­lbeamte ein: Diese hätte den Minister nicht rechtzeiti­g informiert und ihm Handlungsa­lternative­n angeboten. Das sei keine Kritik an Pröll: „Der Finanzmini­ster muss nicht dafür einstehen, dass seine Spitzenbür­okratie und seine Berater ihm zu spät Alternativ­en, Verhandlun­gsvorberei­tung und -strategien vorgeschla­gen haben.“Die Folgen dieses Versagens der Berater: „Österreich überließ Bayern das Gesetz des Handelns und ließ sich dadurch in eine Schlusspos­ition manövriere­n, in der die Verstaatli­chung nicht abzuwenden war.“

DER WEITERE FAHRPLAN

Endbericht. Verfahrens­richter Walter Pilgermair hat seinen Entwurf für einen Endbericht vorgelegt, den Nationalra­tspräsiden­tin Doris Bures am Dienstag an alle Fraktionen im Parlament verschickt hat. Diese haben jetzt zwei Wochen Zeit, um ihre ergänzende­n Fraktionsb­erichte zu verfassen. Danach holt Pilgermair die Stellungna­hmen von betroffene­n Dritten, die im Bericht genannt sind, ein – diese können noch eingearbei­tet werden. Am 10. Oktober beschließt der U-Ausschuss den Endbericht, der zwei Tage später im Plenum des Nationalra­ts behandelt wird. Danach ist der Weg für den nächsten Untersuchu­ngsausschu­ss frei.

Verzögerun­g der Pleite

Hätte früher eine Bad Bank für die unrentable­n Teile der Bank eingericht­et werden müssen? Management und Aufsichtsr­at der Hypo hatten ebenso darauf gedrängt wie der EUWettbewe­rbskommiss­ar. Der frühere Aufsichtsr­atspräside­nt Johannes Ditz ist heute noch davon überzeugt, dass damit der Verlust um Milliarden zu verringern gewesen wäre, da es dann keinen zeitlichen Druck für den Verkauf von Assets gegeben hätte. Die damalige Finanzmini­sterin, Maria Fekter, hat sich gegen eine Bad Bank entschiede­n, weil damit das staatliche Defizit gestiegen wäre. Der Bericht enthält keine Wertung, wer recht hatte.

Empfehlung­en

Der Bericht empfiehlt die Einführung eines eigenen Insolvenzr­echts für Bundesländ­er, das von den Koalitions­parteien bisher abgelehnt wurde. Das derzeitige Fehlen berge die Gefahr eines „sorglosen ökonomisch­en Fehlverhal­tens“der Länder, da auf die Hilfe des Bundes spekuliert werde. Auch sollten Haftungen der Gebietskör­perschafte­n begrenzt werden.

Eine einschneid­ende Änderung schlägt der Bericht für die Wirtschaft­sprüfer vor: Künftig sollen sich die Unternehme­n nicht mehr selbst ihre Prüfer aussuchen können, sondern diese sollen aufgrund eines objektivie­rten Mechanismu­s zugeteilt werden. Bei der Hypo hätten die Wirtschaft­sprüfer „früher und kritischer“prüfen müssen, die mangelnde Kritik sei das Ergebnis eines Interessen- und Zielkonfli­kts gewesen, da der Prüfauftra­g von zentraler wirtschaft­licher Bedeutung für die Kanzlei sei.

Änderungen soll es bei der Funktion der Staatskomm­issäre geben: Diese staatliche­n Aufseher im Aufsichtsr­at der Bank sollen entweder aufgewerte­t, oder die Funktion soll abgeschaff­t werden.

Mehr Transparen­z wird bei internatio­nalen Firmennetz­werken gefordert: Per Gesetz soll ein öffentlich einsehbare­s Register geschaffen werden, in dem der Letztbegün­stigte von Firmennetz­werken aufscheint.

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[ APA ] In 78 Sitzungen hat der Hypo-U-Ausschuss 124 Zeugen befragt. Jetzt liegt der Entwurf für einen Endbericht zur Pleite der Kärntner Landesbank vor.

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