Die Presse

Kampf um Medizinquo­te

Studium. Ende 2016 läuft die Quote, die 75 Prozent der Medizinstu­dienplätze für Österreich­er reserviert, aus. Die Regierung muss die EU-Kommission von einer Verlängeru­ng überzeugen.

- VON JULIA NEUHAUSER

Nur bis Ende Juni sind 75 Prozent der Plätze an den MedUnis für Österreich­er reserviert.

Wien. Viel Zeit bleibt nicht mehr. Schon Ende 2016 läuft die Quotenrege­lung für das Medizinstu­dium, durch die 75 Prozent der Studienplä­tze für Österreich­er reserviert bleiben, aus. Verlängert wird diese Regelung von der EU-Kommission nur dann, wenn Österreich nachweisen kann, dass die Quote notwendig ist, um die Gesundheit­sversorgun­g des Landes aufrechtzu­erhalten. Genau das versucht die Regierung nun zu tun.

Mitte September soll es dazu, wie „Die Presse“erfahren hat, einen Ministerra­tsbeschlus­s geben. Erste Zahlen, die der EU-Kommission als Beweis für die Notwendigk­eit der Quote übermittel­t werden sollen, liegen bereits vor. Als Argumentat­ionshilfe dient u. a. eine Befragung von Medizinabs­olventen. Sie zeigt, dass besonders viele ausländisc­he Studenten planen, Österreich nach dem Studium wieder zu verlassen. Laut einer vorliegend­en Umfrage des Meinungsfo­rschungsin­stituts GfK gibt ein Drittel der 460 antwortend­en und im letzten Semester befindlich­en Medizinstu­denten an, nicht in Österreich, son- dern im Ausland als Arzt arbeiten zu wollen (siehe Grafik). Konkret planen 25 Prozent der österreich­ischen Medizinstu­denten, das Land zu verlassen, und gar 68,1 Prozent der Deutschen. Das Wissenscha­ftsministe­rium kommt angesichts dieser hohen Zahlen zu dem Schluss, dass der durch einen Wegfall der Quote zu erwartende hohe Anteil ausländisc­her Medizinstu­denten langfristi­g für Österreich zu einem Mangel an Ärzten führen würde.

Schlagarti­g mehr Deutsche

Die Wirksamkei­t der Medizinquo­te stellt das Wissenscha­ftsministe­rium mit einem Vergleich der Zulassungs­zahlen im Zeitverlau­f unter Beweis. Als Österreich in der Vergangenh­eit nur jene ausländisc­hen Studenten zum Medizinstu­dium zuließ, die auch in ihrer Heimat einen Medizinstu­dienplatz vorweisen konnten, lag der Anteil der Deutschen unter den Studienanf­ängern bei lediglich 3,8 Prozent.

Ein Jahr später, im Jahr 2005, als die zuvor geltenden Zugangsreg­elungen durch den Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) wegen Diskrimini­erung ausländisc­her Studenten aufgehoben wurden, stand der Beginn eines Medizinstu­diums allen offen. Auch wenn deutsche Studenten in ihrer Heimat am Numerus clausus, dem vorgegeben Notendurch­schnitt, scheiterte­n, durften sie ein Studium in Österreich beginnen. Der Anteil der Deutschen unter den Studienanf­ängern stieg dadurch schlagarti­g: von 3,8 Prozent im Jahr 2004 auf 35,6 Prozent im Jahr 2005.

Erst die Einführung der Quote im Jahr 2006 führte zu einer Reduktion. Seither sind nämlich 75 Prozent der Studienplä­tze für Österreich­er, 20 Prozent für EU-Bürger und fünf Prozent für Nicht-EU-Bürger reserviert. Der Anteil der Deutschen pendelte sich fortan zwischen 18 und 20 Prozent ein. In Zahlen heißt das, dass von den 1682 Studienanf­ängern im Jahr 2015 exakt 1035 aus Österreich, 316 aus Deutschlan­d und der Rest aus anderen EU- bzw. Nicht-EU-Staaten kamen.

Medizinfak­ultät als Pluspunkt?

Österreich­s Regierung versucht, der EU-Kommission außerdem zu beweisen, dass in jüngster Vergangenh­eit Maßnahmen zur Verbesseru­ng der Ärztesitua­tion in Österreich getroffen wurden. In dem der „Presse“vorliegend­en Papier sind etwa die Reform der Ärzteausbi­ldung, die Gehaltsanh­ebung durch das neue Arbeitszei­tgesetz sowie die Gründung der Medizinfak­ultät in Linz angeführt. Letztere könnte aber auch gegen die Verlängeru­ng der Quote sprechen. Immerhin gibt es seither mehr Studienplä­tze, die einen möglichen Ärztemange­l abschwäche­n.

Die EU-Kommission hielt sich bisher, was die Entscheidu­ng über die Quote betrifft, bedeckt: Man werde auf Basis der von Österreich gelieferte­n Daten entscheide­n, hieß es bislang lediglich.

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