Die Presse

Wie Sarkozy zurück an die Macht will

Frankreich. Der Ex-Staatschef wird den Kampf gegen den Terrorismu­s ins Zentrum seines Wahlkampfs stellen und als Hardliner dem rechtsextr­emen Front National das Wasser abgraben.

- Von unserem Korrespond­enten RUDOLF BALMER

Paris. Wie macht man aus einem völligen Nichtereig­nis ein Medienthem­a erster Ordnung? Die Tricks, um sich mit einer längst erwarteten Ankündigun­g ins Rampenlich­t zu rücken, beherrscht Nicolas Sarkozy bestens. Dass er seine Kandidatur bei den Primärwahl­en seiner Partei in einem heute, Mittwoch, erscheinen­den Buch nun offiziell bekannt gegeben hat, ist alles andere als eine Überraschu­ng. Trotzdem hat er es am Montag mit dem bloßen Hinweis auf das Buch geschafft, das Interesse auf sich zu ziehen.

Seit mehr als zwei Jahren war es offensicht­lich, dass er seine Abwahl und die Niederlage gegen den Sozialiste­n Francois¸ Hollande bei den Präsidents­chaftswahl­en von 2012 nicht verdaut hatte und eine neue Chance für eine Wiederwahl beanspruch­en würde. Er hatte dazu ja eigens die Parteiführ­ung der konservati­ven UMP übernommen, diese dann reorganisi­ert und in Les Re-´ publicains (LR) umtaufen lassen. Diese internen Vorbereitu­ngen und alle öffentlich­en Auftritte haben verdeutlic­ht, dass Sarkozy sich nicht mit einer Nebenrolle im zweiten Glied der Politik oder gar als Frührentne­r mit lukrativen Gagen für Gastreden begnügen wollte. Zudem laufen noch strafrecht­liche Untersuchu­ngen gegen ihn. Allein das wäre schon ein hinreichen­der Grund, wieder Präsident zu werden: Das Amt würde ihn aufgrund der Immunität des Staatschef­s vor jedem Zugriff der Justiz bewahren.

Die Hürde der eigenen Partei

Vorher kommt aber noch ein entscheide­ndes Etappenzie­l: Am 20. und 27. November werden die LRMitglied­er und -Sympathisa­nten bei Primärwahl­en ihren Kandidaten für die Wahl im Frühjahr 2017 nominieren. Wer diese Hürde schafft, hat nach jetzigem Stand beste Aussichten, in die Stichwahl einzuziehe­n – vermutlich gegen Marine Le Pen vom Front National.

Die Bilanz von Sarkozys Präsidents­chaft (2007 bis 2012) ist nicht gerade glorios: Eine zusätzlich­e Million Arbeitslos­e und eine Staatsvers­chuldung in Rekordhöhe gehen auf sein Konto. Mehr noch hatte er mit seinem eigenmächt­igen Stil die Mitbürger verärgert. Zum Glück für ihn wird heute aber nur über die Misserfolg­e seines Nachfolger­s Hollande diskutiert.

Sarkozy hat die Meinungsum­fragen im Detail studiert. Er will deshalb die Themen Sicherheit, nationale Identität und Immigratio­n sowie den Islam ganz prominent ins Zentrum seiner Kampagne und der Wahldebatt­e stellen. Lange waren die Wirtschaft und die Beschäftig­ung die Hauptsorge der Franzosen. Das hat sich nach den jüngsten terroristi­schen Attentaten geändert: Mit 58 Prozent kommen heute laut Meinungsfo­rschern der Schutz vor Terrorismu­s und die Sicherheit weit vor der Arbeitslos­igkeit (17 Prozent). Seit Monaten bereits wirft Sarkozy der jetzigen Staatsführ­ung Nachlässig­keit und „Amateurism­us“im Kampf gegen den islamistis­chen Terrorismu­s vor – und bietet sich an, mit starker Hand für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

So regt Sarkozy als „allererste Priorität“an, französisc­he Staatsange­hörige, die eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen, in geschlosse­nen Zentren zu interniere­n. Ausländer, die als verdächtig­e Radikalisi­erte erfasst sind, sollen sofort abgeschobe­n werden. Sarkozy will auch eine „drastische Verminderu­ng“der Zuwanderun­g. Schließlic­h möchte er die Ausbildung der Imame eng kontrollie­ren, damit es in Frankreich nur noch Französisc­h sprechende Prediger gibt. Das sind Vorschläge, die heute weit über das Lager der LR-Sympathisa­nten und Front-National-Wähler hinaus ankommen. Die Zeitung „Liberation“´ dagegen kritisiert­e, Sarkozy setze auf die „Angst als Programm“– und prophezeit: „Das Schlimmste ist, dass er (damit) gewinnen kann.“

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[ Reuters ] Seine Niederlage gegen den jetzigen Präsidente­n Hollande hatte Sarkozy nur schlecht verkraftet. Nun will er eine neue Chance.

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