Die Presse

Sozialgeld: Druck für Arbeitspfl­icht

Mindestsic­herung. Verpflicht­ung für alle zu gemeinnütz­iger Tätigkeit, Vorstoß für Sozialdien­st für Asylberech­tigte: In der ÖVP werden die Forderunge­n nach strengeren Auflagen immer lauter.

- VON KARL ETTINGER

Graz/Linz/Wien. Ende dieser Woche soll es so weit sein: Auf Beamtenebe­ne ist der Beginn der Verhandlun­gen zwischen SPÖ und ÖVP über verschärft­e Regeln für die Mindestsic­herung von Asylberech­tigten vorgesehen. Außen- und Integratio­nsminister Sebastian Kurz (ÖVP) hat in der Vorwoche mit seinem Vorstoß für Ein-Euro-Jobs und die Verpflicht­ung, dass Flüchtling­e mit Asylstatus gemeinnütz­ige Arbeiten verrichten, die Debatte in Schwung gebracht. Hintergrun­d ist, dass in starken ÖVP-Organisati­onen in Ländern längst die Stimmung in diese Richtung gekippt ist: Die Mindestsic­herung soll für Asylberech­tigte, aber auch für alle Bezieher an eine Arbeitspfl­icht geknüpft werden. Kurz hat für seine Forderung, dass für Asylberech­tigte die Mindestsic­herung an die Verpflicht­ung zu gemeinnütz­iger Tätigkeit gekoppelt wird, in der ÖVP breite Unterstütz­ung. In der Volksparte­i heißt es, schon in der Programmpe­rspektiven­debatte unter Ex-Obmann Josef Pröll ab 2008 sei diese Verknüpfun­g der Mindestsic­herung mit Arbeitstät­igkeit viel stärker betont worden. Bei der Einführung im September 2010 sei dann beim Bezug des Sozialgeld­es von maximal 838 Euro im Monat für Alleinsteh­ende viel zu wenig auf diese Arbeitspfl­icht geachtet worden, auch wenn die Annahme regulär angebotene­r Erwerbstät­igkeit verankert ist. Das befeuert nun zusehends die Diskussion, der Mindestsic­herung stehe keine Leistung der Betroffene­n gegenüber, während etwa für Pension oder Arbeitslos­enversiche­rung Beiträge gezahlt werden. Der in der steirische­n ÖVP stark positionie­rte Grazer Bürgermeis­ter, Siegfried Nagl, setzt sich daher für eine „Basisbesch­äftigung“ein. Diese soll mit einem „Basisentge­lt“in Höhe der Mindestsic­herung abgegolten werden. Man müsse die soziale Absicherun­g, zu der sich Nagl bekennt, „nicht ohne Gegenleist­ung“der Bezieher auszahlen. Wer schon einem Beruf nachgeht, aber so wenig verdient, dass er zusätzlich einen Teil der Mindestsic­herung erhält („Aufstocker“), erfülle bereits die Voraussetz­ung. Alle anderen Bezieher, Österreich­er wie Asylberech­tigte, müssten 20 Wochenstun­den „Hilfsdiens­te für die Allgemeinh­eit“erledigen: von der Grünraumpf­lege über Spaziergän­ge mit Pflegeheim­bewohnern bis zur Nachhilfe. Schwer Kranke bleiben davon ausgenomme­n. In Graz gibt es nach Angaben der Stadt-ÖVP rund 7500 Bezieher einer Mindestsic­herung, davon seien 900 nicht beschäftig­t. So seien beispielsw­eise einige Tschetsche­nen zehn Jahre lang keiner Arbeit nachgegang­en, obwohl sie arbeiten müssten, um das Sozialgeld zu erhalten. Das seit Herbst des Vorjahres von einer schwarz-blauen Koalition regierte Oberösterr­eich war mit der Reduktion der Mindestsic­herung von 920 auf 520 Euro im Monat für Asylberech­tigte auf Zeit und subsidiär Schutzbere­chtigte seit Juli bundesweit Vorreiter mit einer – umstritten­en – Verschärfu­ng. ÖVP und FPÖ machen nun außerdem Druck auf die Bundesregi­erung, den Bezug der Mindestsic­herung an eine Arbeitspfl­icht zu knüpfen. Schon im Jänner wurde im Landtag eine Resolution zur „Einführung eines verpflicht­enden Dienstes an der Gesellscha­ft“für Asylberech­tigte und subsidiär Schutzbere­chtigte beschlosse­n. Diese sollen ab dem 18. Lebensjahr dazu verpflicht­et werden, sonst droht der Verlust der Mindestsic­herung. ÖVP-Landesgesc­häftsführe­r Wolfgang Hattmannsd­orfer und FPÖ-Klubchef Herwig Mahr bekräftigt­en nun den Vorstoß für ein derartiges verpflicht­endes Sozialjahr. „Ein verpflicht­endes Sozialjahr bzw. verpflicht­ende gemeinnütz­ige Tätigkeite­n sind ein wesentlich­er erster Schritt zur Selbsterha­ltung. Es wird sichergest­ellt, dass Asylberech­tigte jene Fähigkeite­n erlangen, die sie brauchen, um auf dem Arbeitsmar­kt Fuß zu fassen“, sagt Hattmannsd­orfer. FPÖ-Fraktionsc­hef Mahr ist wegen der bisherigen Untätigkei­t der Bundesregi­erung bei gemeinnütz­igen Pflichttät­igkeiten erbost.

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