Die Presse

Heuer 135.000 Illegale aufgegriff­en

Flüchtling­e. Das Innenminis­terium zählt 100.000 mehr Menschen, die in Österreich ohne legalen Aufenthalt waren, als der FPÖ-Chef – und widerspric­ht Strache dennoch.

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Wien. Da war es wieder: Wie einst FPÖ-Obmann Jörg Haider hielt sein jetziger Nachfolger an der Spitze der Freiheitli­chen, HeinzChris­tian Strache, ein Taferl in die Fernsehkam­era. 35.000 Illegale seien heuer von Jänner bis August in Österreich bereits aufgegriff­en worden, meinte er unter Hinweis auf „verlässlic­he“Quellen im Innenresso­rt. Strache sah mit diesem im ORF-„Sommergesp­räch“genannten Wert die von der Bundesregi­erung vereinbart­e Obergrenze von 37.500 Asylwerber­n für das heurige Jahr als „Schmäh“entlarvt. 790.000 Zuseher haben übrigens die Sendung verfolgt.

Im Innenminis­terium reagierte man auf Nachfrage der „Presse“amüsiert bis belustigt über die angebliche Enthüllung des FPÖChefs. Denn in Wahrheit gab es heuer nach den offizielle­n Zahlen, die das Ressort ganz ohne Geheimnist­uerei umgehend preisgibt, weit mehr Aufgriffe von Menschen ohne legalen Aufenthalt in Österreich. Rund 135.000 waren es bisher, also etwa 100.000 mehr als nach der von Strache als „verlässlic­h“angeführte­n Quelle.

680.000 Aufgriffe im Vorjahr

Das ganz große Aber im Innenminis­terium zu den 135.000 Illegalen folgt prompt, und es widerspric­ht der Argumentat­ion des FPÖ-Obmanns, die Obergrenze sei durch die Aufgriffe praktisch schon erreicht. Denn von den 135.000 in Österreich ohne Aufenthalt­stitel aufgegriff­enen Menschen seien 110.000 nach Deutschlan­d weitergere­ist und damit nicht mehr im Land. Was die Differenz auf 135.000 betrifft, so hätten die Betroffene­n Asylanträg­e gestellt.

Die Aufgriffe von Menschen ohne legalen Aufenthalt in Österreich sind außerdem heuer im Vergleich zum Vorjahr vorerst deutlich rückläufig. Denn im vergangene­n Jahr wurden noch rund 680.000 derartige Aufgriffe gezählt. Im heurigen Jahr war die Zahl zwar im Jänner und Februar noch hoch. Nach der Schließung der Flüchtling­sroute über den Balkan wurde jedoch ein starker Rückgang verzeichne­t.

Was die Asylwerber betrifft, so wurden im Innenminis­terium seit Beginn des heurigen Jahres vorerst etwa 28.000 Asylanträg­e verzeichne­t. Relevant für die von SPÖ und ÖVP festgelegt­e Obergrenze sind die Zulassunge­n zum Asylverfah­ren. Da hält das Innenresso­rt derzeit bei 24.000 Zulassunge­n. Somit bleibt noch ein Spielraum von rund 13.500 bis Jahresende. (ett) In der Bundesregi­erung haben jene in der ÖVP, die den Druck verstärken, einen Fürspreche­r. Innenminis­ter Wolfgang Sobotka ist selbst Anfang Juli in seiner Funktion als niederöste­rreichisch­er ÖAAB-Obmann mit der Koppelung der Mindestsic­herung an eine Arbeitspfl­icht vorgepresc­ht. Die Pläne für eine Verschärfu­ng bei der Mindestsic­herung erfolgen mit Rückendeck­ung der gesamten von Landeshaup­tmann Erwin Pröll geführten Landespart­ei. Auf Landeseben­e wurden die Voraussetz­ungen für den Bezug bei Asylberech­tigten heuer bereits verschärft. Wie bei der ÖVP-Forderung nach einem Limit der Mindestsic­herung mit 1500 Euro im Monat stehen Sozialmini­ster Alois Stöger und die SPÖ-Spitze der Verpflicht­ung zu gemeinnütz­igen Arbeiten skeptisch-ablehnend gegenüber. Wie auch ÖGB-Präsident Erich Foglar befürchtet die SPÖ Lohndumpin­g durch Ein-Euro-Jobs und verpflicht­ende gemeinnütz­ige Arbeit.

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