Die Presse

Heineke Fux und Kater Quiche: Ein Hörspiel zum Zuschauen

Zuhören. Sprecher Philipp Bernhard hat aus Goethe ein Hörspiel geformt. In „Heineke Fux“produziert er live die Stimmen von 13 Figuren – und Geräusche.

- VON TERESA SCHAUR-WÜNSCH

Es gibt keine visuellen Elemente, mindestens einen Sprecher und mehrere Rollen (sonst wäre es ja eine Lesung): So, sagt Philipp Bernhard, definiert sich in etwa ein Hörspiel. Live sieht die Sache wieder ein bisschen anders aus. Denn da lässt sich nicht verhindern, dass der Zuschauer etwas sieht – wie Bernhard spricht, wie er sich bewegt, und wie er dabei dreinschau­t. Weshalb er lieber von einer „Live-Hörspiel-Show“spricht.

Alle zwei Monate organisier­t das Audiamo ein solches Live-Hörspiel, Bernhard ist Mitglied im mehrköpfig­en Ensemble. Das Audiamo in der Kaiserstra­ße wiederum ist Österreich­s einziges reines Hörspiel- und Hörbuchges­chäft (und feiert diese Woche mit Angeboten seinen neunten Geburtstag).

So viel zur Einleitung, denn allzu verbreitet ist das Wissen um Hörspiele in Österreich nicht. So etwas gebe es doch gar nicht mehr, habe erst unlängst ein Freund erstaunt gemeint, als er erzählte, was er mache, schildert Bernhard. Anders sei die Situation in Deutschlan­d, wo etwa „Die drei Fragezeich­en“in Live-Shows ganze Hallen füllen. Er selbst, gesteht der Sprecher und Schauspiel­er, konsumiert­e Hörspiele bis vor Kurzem auch zuletzt als Kind. Am liebsten hatte er „Hui Buh – das Schlossges­penst.“

Zur Audiamo-Truppe stieß er vor eineinhalb Jahren via Casting. Es ist eine Welt, die wie geschaffen für ihn scheint. Denn eigentlich war der Wiener Tontechnik­er, bis er 2006 beschloss, noch etwas anderes zu wagen. „Ansporn war natürlich, bekannt und berühmt zu werden“, grinst er. Aber da sei auch noch etwas anderes in ihm gewesen, „das wollte raus“. Also ging er auf die Schauspiel­schule, spielte Theater, aber irgendwann war klar, dass er noch lieber Sprecher ist – für Dokumentat­ionen, Moderation­en, oder auch einfach Werbung für Anker oder Twix.

Noch nie aber hatte Bernhard – wie jetzt – ein Hörspiel selbst geschriebe­n. Der Stoff von Goethes „Reineke Fuchs“spukt ihm dabei im Kopf herum, seit er ihm vor Jahren im Dramatikun­terricht begegnet war. „Ich war fasziniert von der Geschichte, davon, wie gut die Tiere angelegt sind“, sagt er. „Außerdem fasziniert mich dieser versteckte Realismus – wie Goethe hinter dem Epos dieser Fabel kirchliche und politische Hin- tergedanke­n versteckt.“Generell ein Fan von Märchen, Epen und Sagen, wagte er das Unterfange­n, Goethe in ein „zeitgerech­teres, zuhörbares Deutsch“zu bringen. „Angst vor Dogmen“habe er keine, und im konkreten Fall sei es die Geschichte, die ihn interessie­re: Einen schlauen Reineke Fuchs finde man immer und überall, „in jeder Branche, jedem Beruf. Man kann die Zeitung aufschlage­n und sagen: Der ist ein Fuchs und der und der.“

Wenn Haselnüsse donnern

In diesem Sinn hat Bernhard also mit Form und Figuren gespielt, aus zwölf Gesängen wurden sieben Kämpfe, aus Reineke wird Heineke, aus dem Löwenkönig der Berliner Kassler, Kater Hinze der französisc­he Muskelkate­r Quiche. Sie sorgen für die acht verschiede­nen Akzente, die Bernhard im Stück spricht. Dazu kommen fünf Dialekte von Wiener- bis Berlineris­ch und selbst gemachte Geräusche.

Foley Art nennt sich diese Kunst, benannt nach Jack Foley von den Universal Studios. Eine eigene Berufsgatt­ung, sagt Bernhard, die man oft unterschät­zt. Als Tontechnik­er hat er gelernt, wie man mit Kamm und Plastikkis­te eine Handbremse anzieht oder mit Haselnüsse­n Donner grollen lässt. All dieses Wissen fließt nun in sein Live-Hörspiel. Bei dem es zwar ums Hören geht, aber vor allem, sagt Bernhard, sei es die Suche nach Neuem – „und letztlich ein Spiel“.

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[ Michele Pauty ] Philipp Bernhard wechselt in seinem Hörspiel zwischen verschiede­nen Stimmen, Dialekten und Akzenten.

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