Die Presse

Ein verbriefte­s Recht, Schutz zu suchen

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„Die Sorge der Bischöfe vor dem Islam“, „Dej´a-`vu“von Hans Winkler, 22. 8. Ihrem freundlich­en Kommentar über den fairen Disput zwischen Herrn Chefredakt­eur Mitlöhner und mir in „Die Furche“kann ich in vielem zustimmen: dass die historisch­e Herausford­erung Europas durch die vielen Flüchtling­e gewaltig ist, dass der „Krieg des Islam gegen den Islam“(N. Kermani) aller Welt höchste Sorge bereitet, auch weil er die Reputation aller Religionen beschädigt. Wie Sie sehe ich, dass Integratio­n kein Kinderspie­l ist, sondern höchste sozialpoli­tische Kunst verlangt. Eine kluge Flüchtling­spolitik geht nicht ohne europäisch­e Solidaritä­t.

Was mich – anders als Sie kritisiere­n – verwundert hat, war, dass eine Zeitung mit einer so hehren christlich-sozialen Tradition den Katholiken rät, sich darauf zu konzentrie­ren, „worum es ihnen zu tun ist: ihren Glauben, ihre Riten, ihre Tradition, ihre Werte“. Tun sie das nicht, wenn sie sich für eine Flüchtling­spolitik mit Herz und Verstand einsetzen? Es ist auch theologisc­h gar karg, jenen, die in vielen Orden und Pfarren Nächstenli­ebe handfest leben, einfach Naivität zu unterstell­en.

Dass Sie die „Schutzsuch­en-

den“auf jenen jungen Afghanen, der „in Kabul in Frieden lebt“(das wirkt ziemlich zynisch!) reduzieren, der in Europa ein besseres Leben sucht, schmerzt. Es wird schon gar nicht jenem Buben gerecht, der in Aleppo Opfer eines Bombenangr­iffs geworden war und blutüberst­römt stumm vor sich hinleidet, um alsbald zu sterben. Diese Menschen haben ein verbriefte­s Recht, Schutz zu suchen.

Dass ich, wie Sie unterstell­en, Willkommen­skultur mit Integratio­n gleichsetz­e, resultiert aus einer nicht präzisen Lektüre meines Beitrags. Für eine erfolgreic­he Integratio­n von Menschen mit Gesicht und Geschichte brauchen wir eine breite Willkommen­skultur. Sie können dazu, wenn Sie Willkommen­skultur bereits ins linke Eck abgelegt haben, gern auch Aufnahmeku­ltur sagen. Dass es in der Flüchtling­spolitik geordnet zugehen muss, daher nicht alles auf einmal möglich ist, habe ich in meinen Beiträgen stets betont. Ein Politiker hat immer Gesinnung und Verantwort­ung zugleich, zumal ein christlich gestimmter.

Noch eine Kleinigkei­t: Nicht ich habe bei der „Furche eine Replik erreicht“, es war die Redaktion der Furche, die mich ersuchte, meinen Blog (www.zulehner.wordpress.com: Hier finden Sie den vollständi­gen Text) abdrucken zu dürfen. Em. Univ.-Prof. Dr. Dr. Paul M. Zulehner, 1130 Wien

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