Die Presse

Ärzte: Wer kassiert, muss bleiben

Plan B. Wissenscha­ftsministe­r Reinhold Mitterlehn­er (ÖVP) erwartet eine Verlängeru­ng der Österreich­erquote bei Medizin. Stipendien mit Bleibepfli­cht wären aber eine Alternativ­e.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Die Presse: Es gibt Befürchtun­gen, dass die EU das Moratorium für die Quote, die 75 Prozent der Medizinstu­dienplätze für Österreich­er reserviert, nicht verlängert. Tirols Landeschef, Günther Platter, sagte unlängst, dass sich Hinweise darauf verdichten. Machen Sie sich auch Sorgen? Reinhold Mitterlehn­er: Es ist eine komplexe Angelegenh­eit. Das wird die Kommission entscheide­n. Wir sind in guten Kontakten. Und außerdem legen wir jetzt einmal unseren Bericht vor. Daher ist es verfrüht, jetzt schon das Negative sehen zu wollen.

Sie sind optimistis­ch? Wir sind durchaus optimistis­ch und haben schon entspreche­nde Vorgespräc­he geführt.

Das Moratorium hält das Verfahren der EU gegen die Quote ja nur an. Wie stehen die Chancen für eine dauerhafte Lösung? In erster Linie wollen wir, dass das Verfahren eingestell­t wird. Die zweitbeste Lösung wäre, das Moratorium zu verlängern. Dafür wird ausschlagg­ebend sein, ob wir so vorgegange­n sind, wie sich die EU das vorstellt. Auch, was die Attraktivi­tät des Ärzteberuf­s angeht.

Das ist das Kernproble­m. Daran müsste man doch arbeiten – statt es mit der Medizinerq­uote als Krücke zu bewältigen. Komplett richtig. Und es haben sich etwa mit dem Ärztearbei­tszeitgese­tz bessere Rahmenbedi­ngungen ergeben. Darüber hinaus wird es auch notwendig sein, weitere Angebote zu machen, um den Arztberuf in Österreich vor allem am Land attraktive­r zu machen.

120 Studienplä­tze sind mit der Medizinfak­ultät Linz inzwischen dazugekomm­en. Manche befürchten, dass das die Verlängeru­ng der Quote gefährdet. Ich bin gegenteili­ger Meinung: Das unterstütz­t die Verlängeru­ng, weil es zeigt, dass wir auch Maßnahmen setzen, um mehr Studenten und Absolvente­n zu bekommen.

Früher war immer wieder die Rede von einer möglichen EU-weiten Lösung für das Thema. Ist das vom Tisch? Eine EU-weite Lösung ist nicht unbedingt nähergerüc­kt, die Standpunkt­e sind da unterschie­dlich. Wir sehen, dass etwa Ungarn eigene Lösungen trifft. Da gibt es für Medizin etwas Ähnliches wie Ausbildung­sverträge in der Wirtschaft. Bestimmte Stipendien, an die die Verpflicht­ung geknüpft ist, im Land als Arzt zu arbeiten.

Wäre das eine Alternativ­e, wenn die Österreich­erquote fallen sollte? Es wäre ein Ansatzpunk­t, um gegenzuste­uern, wenn gegen unsere Erwartunge­n ein Nein herauskomm­t. Nur als Denkansatz, um einen Plan B zumindest in Österreich zu ventiliere­n, wenn alle Stricke reißen sollten. Viele Alternativ­en wird es nicht geben, außer Angebote zu machen, damit es für Ärzte attraktiv wird, in Österreich zu bleiben.

Das heißt also: Es gibt einen Plan B. Es wird in diese Richtung gehen, aber wir arbeiten am Plan A. Um nicht den Eindruck zu erwecken, wir hätten auch gehört, dass das nicht klappen wird: Das haben wir nicht.

Ein anderes Thema: Vergangene Woche haben Sie die Fächer genannt, die für eine Verlagerun­g von den Unis an die FH infrage kommen, darunter Recht, Wirtschaft, Sprachen und Architektu­r. Hat schon eine Uni angerufen und ein Veto eingelegt? Nicht, um ein Veto einzulegen. Aber es ist an den Unis eine gewisse Unruhe, teils auch Besorgnis da. Jeder hätte gerne auch weiterhin das in seinem Besitz, was er jetzt hat.

Das wird Ihrer Meinung nach nicht gehen. Es sind inzwischen alle so weit, dass sie sich in den Prozess der Veränderun­g einbringen. Am Schluss werden wir sehen, wie wir mit der Effizienz des Systems zurechtkom­men.

Sie sagen zwar immer, dass Sie niemandem etwas wegnehmen wollen. Aber darauf wird es hinauslauf­en. Bis jetzt war die Idee immer, dass man mehr desselben wollte. Das sehen wir anders. Wir müssen uns überlegen, was das Angebot in Zukunft sein soll. Dafür brauchen wir die Fächerabst­immung.

Und manche Fächer werden dann an die Fachhochsc­hulen gehen. Es geht nicht ums Streichen. Es geht um eine bessere Abstimmung zwischen Fachhochsc­hulen und Unis, aber auch zwischen den Universitä­ten. Die These ist nicht, dass man den Unis das Jusstudium wegnimmt und den Fachhochsc­hulen überträgt. Das ist überspitzt.

Aber ein juristisch­es Studium an einer Fachhochsc­hule wäre schon möglich. Wir werden sehen, was bei dem Prozess herauskomm­t. Ob man etwa einzelne Teile des Studiums an die FH geben kann. Das ist aber nicht der Hauptfokus. Für die Unis scheint das schon im Fokus zu sein, deshalb die Unruhe. Aber man kann ein System nicht so weiterführ­en, dass man immer mehr vom Gleichen hat. Eine Gesamtabst­immung ist auch eine Notwendigk­eit, wenn wir eine Studienpla­tzfinanzie­rung umsetzen wollen.

Die Studienpla­tzfinanzie­rung bringt die Diskussion über den Zugang mit sich. Es wurde gemunkelt, dass der bei der Regierungs­klausur im Herbst Thema sein könnte. Steht der Uni-Zugang da auf dem Programm? Ich glaube, das ist deshalb entstanden, weil es kürzlich diese Phantomdis­kussion über den Zugang bei Informatik gab (Anm.: Kanzler Christian Kern, SPÖ, kritisiert­e die Schranken, die die TU Wien erstmals nutzt). Das Thema Zugang ist derzeit nicht auf dem Plan.

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