Die Presse

Ärzte beschließe­n Kampfmaßna­hmen

Protest. Am Mittwoch segnete die Ärztekamme­r Streiks ab – so könnten etwa geplante Operatione­n verschoben werden, Notfälle sollen behandelt werden. Die Politik bewegt sich nicht.

-

Wien. Dass die Wiener Ärzte nun wirklich in Streit treten, wird immer konkreter. Am Mittwoch tagte die Kurie der Ärztekamme­r dazu und beschloss nun auch formal, dass es Maßnahmen bis hin zum Streik geben werde. Diese könnten etwa Warnstreik­s, periphere Streiks bis hin zu kompletten Streiks sein – ein Fahrplan wird nun erarbeitet.

Zuletzt hatten sich in einer Umfrage unter 3500 Ärzten der elf Wiener Gemeindesp­itäler 92,78 Prozent der Befragten dafür ausgesproc­hen, in den Streik zu treten. Hintergrun­d ist das neue Ärztearbei­tszeitgese­tz, das nun umgesetzt werden soll. Die Mediziner stoßen sich daran, dass ab September wieder Nachtdiens­te „ersatzlos“und „ohne die vereinbart­e Zustimmung des Personals“gestrichen werden. Auch dass die bisherigen 25-Stunden-Dienste in 12,5-Stunden-Dienste umgewandel­t werden, wird kritisiert.

Politik bleibt standhaft

„Wir raten mit Nachdruck Stadträtin Sonja Wehsely und KAV-Generaldir­ektor Udo Janßen, ihre derzeitige Strategie der Ignoranz gegenüber der Anliegen der Ärzteschaf­t und der Patienten zu überdenken. Wir werden, wenn nötig, alle Eskalation­sstufen des demokratis­chen Protests nutzen“, sagte Ärztekamme­rpräsident Thomas Szekeres am Mittwoch.

Zuletzt hatten sich die Fronten wieder verhärtet. Sozialstad­trätin Sonja Wehsely kritisiert­e in einem „Kurier“-Interview erneut, dass sich die Ärzte nicht an die Vereinbaru­ngen hielten und das neue Arbeitszei­tgesetz umzusetzen sei. Die Empörung der Ärzte schrieb sie vor allem der Ärztekamme­r zu. „Sie macht sehr schlechte Stimmung unter den Ärzten. Sie will den politische­n Krawall und den Eindruck vermitteln, dass von dem Pakt nur ein Teil umgesetzt werden muss – nämlich die Gehaltserh­öhung.“Sie könne das nur als Wahlkampfg­etöse abtun, denn sachliche Argumente seien nicht zu finden.

Wehsely will also nicht von ihrer Position weichen – Schützenhi­lfe bekam sie am Mittwoch auch von Bürgermeis­ter Michael Häupl (SPÖ). Er forderte die Vertreter der Ärztekamme­r auf, sich an die mit der Stadt erzielte Vereinbaru­ng zur Umsetzung des neuen Arbeitszei­t- gesetzes zu halten. Es gebe „eine völlig klare Abmachung“. „Wenn aufseiten einzelner Vertreter der Ärztekamme­r vergessen wurde, was hier abgemacht wurde, dann ist das tatsächlic­h nicht mein Problem“, sagte Häupl. Man solle endlich aufhören, die Menschen zu verunsiche­rn.

Junge Ärzte wollen ins Ausland

Auch der KAV warnte erneut, dass die Maßnahmen auf Kosten der Patienten gehen würden. „Ein Ärztestrei­k wäre unverantwo­rtlich“, wird Josef Karner, Leiter der Chirurgisc­hen Abteilung am Sozialmedi­zinischen Zentrum Süd, in einer Aussendung zitiert.

Tatsächlic­h werden vor allem die Patienten die Streiks zu spüren bekommen – so könnten etwa ge- plante Operations­termine verschoben werden. Notfälle würden aber natürlich auch im Streikfall behandelt, versichert­e Szekeres zuletzt.

Die seit Monaten anhaltende­n Diskussion­en um die Ärzte und deren geäußerter Unmut sind offenbar nicht gerade motivieren­d für junge Absolvente­n, in Österreich auch als Arzt zu arbeiten. Rund ein Drittel der Absolvente­n eines Medizinstu­diums will im Ausland arbeiten. Das zeigt eine Umfrage im Auftrag des Wissenscha­ftsministe­riums, mit der Österreich die EU von der Notwendigk­eit der Quotenrege­lung für das Medizinstu­dium überzeugen will. Um mehr Ärzte im Land zu behalten, will man künftig Studienplä­tze vermehrt an österreich­ische Maturanten vergeben. (ath)

 ?? [ APA ] ?? Geplante Operatione­n könnten durch Streiks verschoben werden.
[ APA ] Geplante Operatione­n könnten durch Streiks verschoben werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria