Die Presse

Was die Philharmon­iker den Templern zu verdanken haben

Rarität. Die Salzburger Festspiele exhumieren Otto Nicolais kaum gespielten „Templario“. Startenor Juan Diego Florez´ ist schon ganz begeistert.

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Manchmal darf man ruhig ein wenig dramatisie­ren: „Ohne ,Il Templario‘ hätte es vielleicht keine Wiener Philharmon­iker gegeben“, sagt Clemens Hellsberg, deren ehemaliger Vorstand. Was-wäre-wenn-Spekulatio­nen sind ja so eine Sache: Es ist für Historiker schon schwierig genug herauszufi­nden, was war; wozu also fragen, was hätte sein können? Aber hier ist es einfach zu verlockend. Was war, ist aktenkundi­g: Otto Nicolai hatte seine heute fast vergessene Kreuzzugs-Oper nach ihrem großen Erfolg in Italien im Mai 1841 am Wiener Kärntnerto­rtheater untergebra­cht, und der Triumph war auch dort derart umfassend, dass man Nicolai den Posten des ersten Kapellmeis­ters anbot, wie Hellsberg vor Journalist­en erläutert. Kein Jahr später fand das erste „Philharmon­ische“statt. Dirigent und tragende Figur dahinter: Otto Nicolai.

Ja, die Idee lag in der Luft, und die Zeit war reif, auch in Wien ein Orchester dieser Qualität ins Leben zu rufen; und angeblich ist nichts mächtiger als eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Aber es braucht auch die geeigneten Geburtshel­fer.

Als Hebamme betätigt sich bei den Salzburger Festspiele­n auch Juan Diego Florez:´ Dass „Il Templario“nun in Salzburg für eine konzertant­e Produktion exhumiert wird, geht nämlich maßgeblich auf die Initiative des peruanisch­en Startenors zurück. Und so erreichte Hellsberg eines Tages eine E-Mail des Sängers: Könnte man nicht eventuell . . .? Man konnte! Und vor allem: Man wollte, denn ein quasi unbekannte­s Werk eines über die „Lustigen Weiber von Windsor“hinaus heute ignorierte­n Komponiste­n zu bringen ist schon auch ein Wagnis. Die Folgen sind am Samstag im Großen Festspielh­aus zu erleben.

Was man dort hören wird? „Es klingt nach Belcanto, gleichzeit­ig ist es aber sehr symphonisc­h, sehr innovativ, teilweise sogar spektaku- lär komponiert. Und es gibt trotz Belcanto einige Elemente, vor allem bei der Orchesterb­ehandlung, an denen man klar erkennen kann, dass es ein deutscher Komponist war“, erzählt Florez,´ dem die Begeisteru­ng an den Augen abzulesen ist. Begeisteru­ng auch über die eigene Rolle und deren Anforderun­gen: „Der Tenorpart ist sehr hoch“, meint er, nicht ohne verschmitz­t zu verstehen zu geben, dass immerhin er, Flo-´ rez, das sage. Also ein tenoraler Höhenbergs­teiger, der mühelos in Regionen vordringt, wo andere, um im Bild zu bleiben, ein Sauerstoff­gerät erwägen würden. „Alle Rollen sind sehr hoch gesetzt, wir singen quasi auf den Zehenspitz­en.“Auch auf Kristiane Kaiser, Luca Salsi, Clementine´ Margaine und die anderen Mitstreite­r kommt also etwas zu.

„Im Endeffekt geht es um die Liebe“, fasst Florez´ die verworrene Handlung zusammen. Ja, man könne schon das Libretto lesen, aber das helfe nicht unbedingt, um die komplizier­ten Geschehnis­se zu verstehen, die ja ohnehin nur den Kontext für die Liebesgesc­hichte böten. Beziehungs­weise deren zwei. Beziehungs­weise deren viele. Der Tenor probiert es trotzdem mit einer Inhaltsang­abe, nicht ohne sich einmal bei Hellsberg mit Augenzwink­ern rückzuvers­ichern: „Hat das jetzt eh gestimmt?“Aber es besteht Hoffnung: „Vielleicht verstehen wir’s ja nach der Premiere besser.“(hd)

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[ Fabry ] J. D. Florez:´ „Der Tenorpart ist sehr hoch.“

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