Die Presse

USA drohen EU im Steuerstre­it um Apple & Co.

Steuerdeal­s. Washington warnt die EU-Kommission vor Abzug von Investitio­nen aus Europa, sollte sie wegen LuxLeaks von US-Unternehme­n nun hohe Steuernach­zahlungen einfordern.

- VON WOLFGANG BÖHM

Brüssel/Wien. Die Aufarbeitu­ng der LuxLeaks-Affäre um Steuerdeal­s zwischen internatio­nalen Konzernen und einzelnen EU-Mitgliedst­aaten hat einen offenen Konflikt zwischen den USA und der EU ausgelöst. Sollte die EU-Kommission darauf bestehen, dass amerikanis­che Konzerne Milliarden an Steuernach­zahlungen leisten, droht Washington mit schwerwieg­enden Konsequenz­en. In einer Stellungna­hme des US-Finanzmini­steriums, die der „Presse“vorliegt, wird offen mit einem Abzug von Investitio­nen aus Europa und weiteren Maßnahmen gedroht.

Das Papier wurde der Brüsseler Behörde diese Woche kurz vor ihrer Entscheidu­ng zu vermuteten Steuertric­ks durch den US-Konzern Apple übermittel­t. Das Computerun­ternehmen zahlte bisher in Irland nicht wie andere ansässige Firmen 12,5 Prozent an Körperscha­ftsteuer, sondern lediglich zwei Prozent. Laut einer Berechnung von JP Morgan droht Apple deshalb eine Steuernach­zahlung in der Höhe von bis zu 19 Milliarden Dollar (16,82 Mrd. Euro). Apple selbst hat darauf hingewiese­n, dass seine Standortvo­rteile in Irland legal gewesen seien.

Das US-Finanzmini­sterium argumentie­rt, dass sich die EU-Kommission anmaße, als übergeordn­ete Steuerbehö­rde zu agieren. Einzelne Mitgliedst­aaten hätten US-Konzerne mit attraktive­n steuerlich­en Bedingunge­n angelockt, die nun von Brüssel als ungültig erklärt würden. Das sei eine „neue und unangemess­ene Auslegung der Regeln für Staatsbeih­ilfen“, heißt es in der Stellungna­hme.

Die zuständige EU-Kommissari­n, Margrethe Vestager, war zum Schluss gekommen, dass solche Steuerdeal­s einzelnen Konzernen illegale Wettbewerb­svorteile verschafft hätten. Das US-Unternehme­n Starbucks, dessen Fall von der Kommission ebenso untersucht wurde wie jener von Fiat, ist bereits zu einer Rückzahlun­g von 30 Millionen Euro aufgeforde­rt worden. Es hatte in den Niederland­en einen ähnlichen Steuerdeal vereinbart wie Apple in Irland. Aber auch die Steuerprak­tiken von McDonald’s und Amazon werden in Brüssel unter die Lupe genommen.

US-Finanzmini­ster Jacob J. Lew hatte bereits im Februar bei Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker protestier­t, dass vor allem US-Unternehme­n von den Untersuchu­ngen betroffen seien. Die zuständige Kommissari­n Vestager hat diese Vorwürfe stets zurückgewi­esen. Ihre Behörde gehe gegen Staatshilf­e für europäisch­e und internatio­nale Unternehme­n in gleicher Weise vor. In den vergangene­n Jahren habe es in der EU rund 150 Fälle von Staatshilf­en gegeben, die als illegal eingestuft wurden. „Nur in einer Handvoll von Fällen seien US-Unternehme­n betroffen gewesen“, so Vestager.

Aus für Gewinnverl­agerungen

Die EU-Kommission hat infolge von LuxLeaks Vorschläge gegen die systematis­che Steuerverm­eidung von Großkonzer­nen präsentier­t. Sie will Steuertric­ks wie die Verlagerun­g von Gewinnen aus einem Land mit hohen Steuern in ein Niedrigste­uerland künftig durch strengere Regeln verhindern. Laut dem US-Finanzmini­sterium würde ein solches Vorgehen nicht nur „bilaterale Steuerabko­mmen zwischen den USA und einzelnen Mitgliedst­aaten untergrabe­n“. Es sei zudem unverständ­lich, warum angesichts von solchen neuen Regeln rückwirken­d einzelne US-Unternehme­n Steuernach­zahlungen für eine Periode von bis zu zehn Jahren leisten sollten.

Die oberste US-Finanzbehö­rde macht in ihrer Stellungna­hme aber auch kein Hehl daraus, dass es ihr nicht zuletzt um eigene Steuereinn­ahmen geht. Wenn nämlich Unternehme­n wie Apple in Europa durch höhere Steuern weniger Gewinn machen, würden sie auch in den USA weniger an den Fiskus abliefern.

Die Entscheidu­ng der EUKommissi­on zu Apple wird für September oder Anfang Oktober erwartet. Bis dahin wird in Brüssel mit einem verstärkte­n Lobbying amerikanis­cher Wirtschaft­svertreter und der US-Behörden gerechnet. Insbesonde­re, da die EU-Wettbewerb­skommissar­in Vestager kartellrec­htlich auch gegen weitere amerikanis­che Konzerne wie Google vorgehen möchte.

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