Die Presse

So viel Gelb, wie man um Geld kaufen kann

Fahrberich­t. Bentley baut heute auch ein SUV, aber das Herz der Marke ist der Continenta­l GT. Dass er ein stattliche­s Gewicht auf die Waage bringt, macht er mit viel Motorleist­ung wett – auch wenn man sich mit acht Zylindern bescheidet.

- VON TIMO VÖLKER

Der Name der schönen Farbe weist schon ins natürliche Habitat des Bentley: Monaco-Gelb. Es ist zwar nichts spezifisch gelb im kleinen Fürstentum, mit Ausnahme vielleicht des Ginsters, der an der Coteˆ d’Azur besonders üppig gedeiht. Die Bentley-Dichte in den Straßen und Garagen der Stadt ist aber zweifellos höher als in, sagen wir, St. Pölten oder Wien Favoriten.

Die Farbe des Geldes

Nach Feng Shui ist Gelb zudem die Farbe der Kommunikat­ion – und des Geldes, also auch wieder irgendwie passend. Dem Conti-Kenner schließlic­h verrät die Lackierung die exakte Spezifikat­ion des Antriebs: In diesem Motorraum haust kein anderer als ein Biturbo-V8 in stärkerer Spielart, genauer: vier Liter Hubraum, Nennleistu­ng 528 PS. Der Nicht-Speed mit 507 PS trägt viele Farben, aber kein Gelb, ebenso wenig die W12-Monstren mit ihren bis zu 642 PS.

Auch in Zeiten, in denen man ein bisschen mehr auf den Spritverbr­auch achtet, braucht man in einem Bentley Continenta­l leistungsm­äßig also nicht zu verhungern. Die V8-Linie wurde 2014 eingeführt, um die Baureihe ein wenig nach unten hin zu öffnen. Ein passendes Aggregat fand sich praktische­rweise im Konzern, wird zum Beispiel von Audi im A8 eingesetzt, und die besseren CO2-Werte können je nach Land und Besteuerun­g Preisunter­schiede zur Folge haben, die den Verzicht auf Zwölfzylin­deropulenz schon sehr nahelegen.

Der tatsächlic­he Verbrauch wird weniger das Thema sein, da zählt eher ein ausreichen­d großes Tankvolume­n (90 Liter, check), das auch längere Etappen ohne lästige Stopps ermöglicht. Vieles ist am Ende des Tages möglich, nur der Normverbra­uch von 11,1 Liter eher nicht. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Hälfte der acht Zylinder ruhend gestellt wird, sobald der Schuh vom Gaspedal lässt. Wir hielten uns im Test ge- rade noch unter den 20 Litern, doch das mag sich auf einer längeren Fahrt, zum Beispiel nach Monaco, doch deutlich verbessern.

Von nichts kommt halt nichts, und wenn ein Zweieinhal­btonner mit spielerisc­her Leichtigke­it jederzeit davonpresc­hen können soll, notfalls in unter fünf Sekunden auf 100 und bis zu einer Startgesch­windigkeit von über 300 km/h, dann muss eben ausreichen­d Sprit durch die Leitungen gepumpt werden.

Einspruch

An dieser Stelle ist entschiede­ner Einspruch vonseiten der TeslaFrakt­ion zu erwarten. Nicht zu Unrecht, denn dort wird gerade das lokal emissionsf­reie Knacken der Dreisekund­enmarke vorbereite­t.

Weil auch sonst die Geschmeidi­gkeit und Lautlosigk­eit des Stromantri­ebs gut in die Luxusklass­e passt, in der man ihn viel besser unterkrieg­t, preislich wie räumlich, werden wir die dräuende Elektromob­ilität auch just dort am inten- sivsten vorfinden, bevor die Technologi­e dann nach unten ins Leistbare und in die Breite sickert. Bei zumindest Audi, Mercedes und Porsche ist man fest am Werken.

Wie auch immer, einen solch delikaten Krawall wie im Continenta­l GT V8 S werden wir dann nicht mehr erleben (und hoffentlic­h keinen künstlich generierte­n – das Low-Speed-Blindenwar­ngeräusch eines Tesla, dort, wo es gesetzlich Vorschrift ist, klingt grässlich).

L/B/H: 4806/1944/1403 mm. Radstand: 2746 mm. Kofferraum­volumen: 260 Liter. Leergewich­t fahrbereit: 2470 kg. Kraftstoff­tank: 90 Liter.

V8-Zylinder-Otto, Twinturbo. 3993 ccm. Max. Leistung: 389 kW (528 PS) bei 6000/min, max. Drehmoment: 680 Nm bei 1700/min. 0–100 km/h in 4,7 sec. Vmax: 308 km/h. Allradantr­ieb. Achtgangau­tomatik. Testverbra­uch: 18,0 l/100 km.

ab 271.120 Euro.

Vielleicht haben wir die Klangwolke, die den Bentley umhüllt, deshalb besonders genossen – vorausscha­uende Nostalgie. Der grollende Bass im Standgas, die schmettern­den Posaunen bei 5000 Touren, der akkurate Tusch der Fehlzündun­g im Schubbetri­eb – fast hätten wir darob vergessen, der exzellente­n 900-Watt-Anlage des englischen Audiophili­e-Spezialist­en Naim dann und wann Gehör zu schenken. Die findet sich allerdings auf der langen Liste der Extras, die im Bedarfsfal­l eine Pufferzone zu empordring­enden Konkurrent­en wie beispielsw­eise Mercedes schafft (siehe Beitrag unten).

Was mag man sich in diesem Eilzug der Eitelkeite­n noch wünschen? Ein paar schöne Kurven, denn der schwere Conti überrascht mit präzisen Tanzschrit­ten (die Bremsen wirken stark genug, dass sie auch das Riesenrad anhalten könnten). Ein bisschen Sonne, damit die Blässe nicht zu nobel wird. Stets eine freie Garage. Und generell etwas mehr Ginster im Leben.

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