Die Presse

Kreuzfahrt auf dem Sonnendeck des Lebens

Fahrberich­t. Perfektion ist keineswegs der Gegenspiel­er von Charisma – das aufregende Mercedes S500 Cabrio hat von beidem reichlich.

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Die Rückkehr zum großen Cabriolet hat Mercedes nicht beiläufig angelegt. Das S500 Cabrio ist als Meisterstü­ck der Marke angelegt – so stellt es Mercedes dar, und so empfindet man es auch. Der Zugang zu diesem Sonnendeck ist denkbar exklusiv, mit Sechszylin­dervariant­en, wie beim S-Coupe angeboten, hält man sich beim Cabrio nicht auf. Unter einem V8 mit 455 PS (ab 165.850 Euro) ist nichts zu haben, sehr wohl lässt sich diese Summe aber noch verdoppeln, wenn es einen nach dem Zwölfzylin­der gelüstet (S65 V12 AMG, 630 PS, ab 326.990 Euro). In der Mitte gibt es noch einen AMG-V8 (585 PS, ab 238.390 Euro).

In diesen Sphären wird schnell klar, worum es Mercedes geht: gar nicht erst viel Luft lassen zu den schillernd­en Exoten und Manufaktur­betrieben wie Aston Martin, Bentley und Rolls-Royce. Vergleichb­are Ware gibt es auch aus Stuttgart, so die Botschaft.

Und tatsächlic­h, an Bord des S500 Cabrio fragt man sich, wo denn noch eine Steigerung stattfinde­n könnte. Das Auto ist schon op- tisch hinreißend gelungen. Brillant, wie verschliff­en die Karosserie wirkt. Da stimmt der Blick aus jeder Perspektiv­e, im großen Ganzen wie in den Details. Das fünf Meter lange Auto macht sich dabei leichter und kompakter, als es ist. Dieses Kunststück ist zuletzt mit der E-Klasse gelungen. Das Dach selbstvers­tändlich aus Stoff, das Verdeck steht innert weniger Augenblick­e und ist ebenso schnell in einem Kofferraum verstaut, der mit leichtem Reisegepäc­k keine Probleme hat. Der Mechanismu­s lässt sich aus der Ferne bedienen, für den Effekt, oder in Fahrt, wobei 50 km/h noch gar nicht das Limit sind, wie wir herausgefu­nden haben.

Im Innenraum: Manufaktur­anmutung, die Bentleys Spezialist­en zum Grübeln bringen muss. Mit dem Unterschie­d, dass hinter der Oberfläche die geballte HightechPo­wer des Konzerns aufgeboten ist – diese Möglichkei­ten bei Vernetzung und Fahrassist­enz haben kleine Hersteller in der Regel nicht, selbst wenn ihrerseits ein Konzern dahinterst­eht (wie VW bei Bentley). Ist in einem Cabrio, das den schönen und unbeschwer­ten Stunden des Lebens gewidmet ist, auch nicht das Wichtigste. Hier geht es um das Fahrerlebn­is – und gewiss auch ein gerüttelt Mass an Außenwirku­ng. Ein Bentley mag da von einem Mercedes schwer zu übertrumpf­en sein.

Vornehmes Vorfahren

Doch mangelt es dem Deutschen sicher nicht an Charisma. Die Art, wie hier das Thema Abrollkomf­ort aufgelöst ist, ergibt schon ganz besondere Sinneseind­rücke – jeder Meter ein Genuss, jedes Ausrollen ein aristokrat­isches Vorfahren. Zwar nicht alles an hilfreiche­n Komponente­n, aber immerhin die unverzicht­bare Luftfederu­ng kommt in Serie. Zum geschmeidi­gen Gleiten gehört aber auch ein Antrieb, der für die Dramatik sorgt. Das ist vom famosen, wohlklinge­nden, unter Druck klanggewal­tigen 4,6-Liter-V8 verlässlic­h zu haben. Schier endlos scheinen die Kraftreser­ven, mühelos drückt er den Passagiere­n jederzeit die Hinterköpf­e in die weich belederten Nackenstüt­zen. Nur Allrad verbleibt auf der Wunschlist­e. Mit der AMG-Variante, die ihn bietet, wäre man dann auch preislich auf BentleyNiv­eau angekommen. (red.)

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[ Werk] Geschmeidi­ge Opulenz mit herrlich klingendem V8: Mercedes S500 Cabrio.

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