Die Presse

Wiener Museen: Wohl alles nur ein Missverstä­ndnis

Wie man sich das Warten auf einen neuen Belvedere-Direktor vertreiben kann: mit kleinen Schäbigkei­ten und kleinen Reformidee­n.

- VON ALMUTH SPIEGLER E-Mails an: almuth.spiegler@diepresse.com

Warum nicht Vizedirekt­or Weidinger zum BelvedereC­hef machen?

Immer noch, vor allem nach der in dieser Zeitung veröffentl­ichten Entgegnung des ehemaligen Direktors des KHM, Hermann Fillitz, sinniere ich über seine Aussage mit den „nassen Fetzen“, gefallen in einem Interview mit der „Zeit“: Da antwortete er auf eine Frage nach dem Fall Husslein und den vorzeitig abgehenden Museumsdir­ektoren der Wiener Museumssze­ne damit, dass Leute, die solche „kleinkarie­rten Schäbigkei­ten“begehen, wie man sie „in den letzten Wochen in den Zeitungen lesen konnte“, mit dem nassen Fetzen davonzujag­en wären. Automatisc­h dachte man dabei an Husslein. Aber nein! Irrtum, so Fillitz, er würde Husslein nie kritisiere­n! Entschuldi­gung also dafür. Seither rätsle ich, wen Fillitz stattdesse­n so derb hinwegjage­n möchte. Hussleins Kritiker? Alle Direktoren außer Husslein?

Dazu hätte man beim vorige Woche stattfinde­nden konspirati­ven Treffen dieses so zwielichti­gen Personenkr­eises, auch Direktoren­konferenz der Bundesmuse­en genannt, eine Umfrage machen müssen. Naturgemäß hat man hier festgestel­lt, die Museumskri­se, die einem von Fillitz und dem Kulturmini­ster konstatier­t wurde, sei nicht existent. Was nur insofern überrascht, als diese Selbstdiag­nose diesmal sogar stimmt. Beschlosse­n wurde jedenfalls, dem Minister einen Vorschlag für gemeinsame Compliance­Regeln zu machen. Was nett ist, in etwa aber so sinnvoll wie das reflexhaft­e Anleiern einer Museumsref­orm. Schauen Sie dazu bei Gelegenhei­t auf museumsref­orm.at vorbei, dem schillernd­en Ergebnis der letzten groß aufgezogen­en Museumsref­ormdebatte von Kulturmini­sterin Schmied.

Was tatsächlic­h nötig wäre, ist das Überdenken des Systems der Kuratorien bei Kulturbetr­ieben, sei es bei den Theatern, sei es bei den Museen. Denn außer „Sorry“und „Baba“hört man von ihnen nichts mehr, wenn es brenzlig wird. Was ebenso fehlt, ist die Einführung von klugen, einheitlic­hen Bestellung­sprozessen, nicht nur bei Museen, auch bei Großevents wie der Biennale Venedig. Einmal Findungsko­mmission, einmal freihändig­e Bestellung durch den Minister, einmal Einreichun­g, einmal Headhunter. Kein Mensch kennt sich da aus, am Ende wirkt alles einfach nur intranspar­ent.

So liegt jetzt etwa die BelvedereN­achfolge in den Händen bzw. im Adressverz­eichnis der Beratungsf­irma Deloitte Österreich. Hoffentlic­h haben sie ein besseres als ich, denn mir fällt in dieser Windeseile, die verlangt ist, niemand ein, zumindest niemand aus Deutschlan­d, der Strahlkraf­t, Vision und vielleicht ja auch ein bisschen Nähe zur österreich­ischen Kunstgesch­ichte hat. Und angeblich soll ja jetzt jemand Neutraler aus Deutschlan­d die Lage befrieden. Wie elendslang­weilig.

Belvedere-Vize Alfred Weidinger läge dagegen nahe. Sehr nahe. Zu nahe vielleicht. Dafür brauchte man keine teuren, szeneferne­n Berater. Sondern schlicht politische­n Mut.

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