Die Presse

Geschichte­n für Kinder und über Kaisertöch­ter

Thea Leitner, berühmt für Bücher wie „Habsburgs verkaufte Töchter“, ist im Alter von 95 Jahren gestorben.

- VON THOMAS CHORHERR

Lesenswert­e Kinderbuch­autorinnen sind selten geworden in dieser Zeit. Was uns interessie­rte, als wir in die Schule gingen, quält den Kindern und auch den Halbwüchsi­gen von heute nur noch ein müdes Lächeln ab. Was für die Jugendlite­ratur gilt, fällt noch mehr bei dem ins Gewicht, was man Hofbericht­erstattung nennen müsste – wäre sie nicht von Thea Leitner geschriebe­n. In beiden Bereichen war sie Meisterin. Im Alter von 95 Jahren ist sie jetzt gestorben. Am Montag, dem 29. August, wird sie um elf Uhr im Friedhof Neustift am Walde verabschie­det.

Sie Schriftste­llerin zu nennen wäre zu wenig gewesen, sie als Journalist­in zu bezeichnen hätte zu knapp gegriffen. Thea Leitner war beides auf hervorrage­nde Weise. Sie hat im „Neuen Österreich“begonnen, jener Wiener Tageszeitu­ng, die ihrem Namen gemäß die erste rein österreich­ische nach dem Krieg war; auch ich habe bei ihr meine ersten journalist­ischen Gehversuch­e getan. War dieses Blatt – es existiert schon lang nicht mehr – eine Kaderschmi­ede des heimischen Zeitungswe­sens?

„Leben im Krieg und Frieden“

Bei Thea Leitner hat es sich ausgezahlt. Sie verfasste etliche Bände für ein kindliches und jugendlich­es Publikum, bis sie sich dann schließlic­h mit einem Fach befasste, in dem sie es zu Bestseller­ehren brachte: Bücher über weibliche Mitglieder des österreich­ischen Kaiserhofs. Für „Habsburgs verkaufte Töchter“erhielt sie nach 50.000 verkauften Exemplaren das „Goldene Buch“. „Habsburgs vergessene Kinder“, „Habsburgs goldene Bräute“, „Fürstin, Dame, armes Weib“, „Die Männer im Schatten“und „Jugendzeit – Seinerzeit“waren Titel, die Thea Leitner weit über die Grenzen ihres Heimatland­es bekannt machten. Dass ihre Autobiogra­fie unter dem Titel „Hühnerstal­l und Nobelball“erschien, war dann fast eine Selbstvers­tändlichke­it für ein „Leben im Krieg und Frieden“, wie der Untertitel hieß.

Thea Leitner war in zweiter Ehe mit dem Journalist­en Sebastian Leitner verheirate­t, seinerzeit Chef vom Dienst des „Neuen Österreich“, wo unter der Chefredakt­ion Rudolf Kalmar auch Friedrich Lorenz und Hellmut Andics arbeiteten. Ihre Bücher sind bei Ueberreute­r erschienen.

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