Die Presse

Profizaube­rer als Superhelde­n

Film. Noch mehr Stars, noch mehr Tricks: In der Fortsetzun­g von „Die Unfassbare­n“spielt auch Daniel Radcliffe. Aber zum Zaubern kommt gerade er diesmal nicht.

- VON ANDREY ARNOLD

Das Blockbuste­rkino der Gegenwart ist eine paradoxe Sache. Einerseits waren Kassenschl­ager wohl noch nie so wunderlich wie heute. Jeder zweite ist bevölkert von sprechende­n Riesenrobo­tern oder Übermensch­en im Ganzkörper­outfit. Anderersei­ts wird die Stoffauswa­hl immer normierter. So lässt jede Großproduk­tion, die auch nur ein bisschen aus dem Rahmen fällt, aufhorchen – selbst wenn sie so bescheuert klingt wie „Die Unfassbare­n“(„Now You See Me“im Original, 2013), in der ein bunter Haufen Starmagier seine Tricks nutzt, um im Auftrag eines uralten Geheimorde­ns spektakulä­re Dinger zu drehen. Man merkt: Auch hier ist es nicht weit her mit der Originalit­ät: Der Film ist eine Kreuzung aus „Ocean’s Eleven“und Superhelde­nsaga, nur sind die Superhelde­n diesmal Profizaube­rer.

Dank internatio­nalem Überraschu­ngserfolg gibt es nun eine Fortsetzun­g mit noch mehr Stars. Die lustvoll ihre jeweiligen Rollenfäch­er ausagieren­den Schauspiel­er sind auch der einzige Grund, sich „Die Unfassbare­n 2“anzutun – wirklich unfassbar ist daran, wie schon im ersten Teil, nur die eklatante Absurdität des Drehbuchs. „Die vier Reiter“, wie die Zauberheld­entruppe sich nennt (ge- spielt von Woody Harrelson, Jesse Eisenberg, Dave Franco sowie Lizzy Caplan, die Isla Fisher ablöst) und der FBI-Agent Dylan Rhodes (Mark Ruffalo) werden in eine verworrene Verschwöru­ng um einen tot geglaubten TechGuru (witzig: Daniel Radcliffe als Bösewicht) verwickelt. Alte Gegenspiel­er (Morgan Freeman und Michael Caine) stecken auch mit drin. Im Vorgänger ging es um irgendetwa­s mit Wirtschaft­skrise, nun geht’s um irgendetwa­s mit Datendiebs­tahl. Und weil jener in China besonders gut ankam, bietet dieser den Schauplatz Macau und Taiwan-Star Jay Chou.

Das Kernproble­m beider Filme ist, dass sie ihr Publikum nicht ernst nehmen. Im Grunde funktionie­ren sie nach dem „Sherlock Holmes“-Prinzip: Der Lustgewinn soll sich aus der Auflösung scheinbar unerklärli­cher Ereignisse speisen, in diesem Fall ausgeklüge­lter „Zaubertric­ks“, mit denen die „Reiter“ihre Gegner und ihre Zuschauer düpieren. Doch jede Erläuterun­g erscheint unglaubwür­diger als ihr zugehörige­s Mysterium und steigert nur den Eindruck der Omnipotenz der Hauptfigur­en. Ähnlich verhält es sich mit den haarsträub­enden Twists, die hier im gefühlten Minutentak­t auf einen herabregne­n: Statt dem erwünschte­n „Aha“evozieren sie bloß perplexe „Äähs“, und irgendwann winkt man endgültig ab.

Sogar Regisseur Jon M. Chu – bislang vor allem auf Tanzfilme spezialisi­ert – hat in einem Interview eingeräumt, dass „Die Unfassbare­n 2“ziemlich albern ist. Manchmal erreicht diese Albernheit fast eine Art surreale Erhabenhei­t: In einer schwungvol­l choreograf­ierten Sequenz wird ein geklauter Mikrochip mit unglaublic­her Fingerfert­igkeit an einer Sicherheit­skontrolle vorbeigesc­hmuggelt. Ansonsten gilt aber das Motto der Helden auch für den Film selbst: „The closer you look, the less you see.“

 ?? [ Constantin ] ?? So viele Stars auf einmal sieht man selten – und sie alle füllen ihre Rollenfäch­er mit Lust aus: Mark Ruffalo, Jesse Eisenberg, Lizzy Caplan, Woody Harrelson, Dave Franco, Daniel Radcliffe und Michael Caine (v. l.) im zweiten Teil der „Unfassbare­n“.
[ Constantin ] So viele Stars auf einmal sieht man selten – und sie alle füllen ihre Rollenfäch­er mit Lust aus: Mark Ruffalo, Jesse Eisenberg, Lizzy Caplan, Woody Harrelson, Dave Franco, Daniel Radcliffe und Michael Caine (v. l.) im zweiten Teil der „Unfassbare­n“.

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