Die Presse

Kampf um die Höhenmeter: Hofer und der Heißluftba­llon

Wahlkampf I. Entspannt, unternehmu­ngslustig, harmlos – so inszeniert die FPÖ Norbert Hofer am liebsten.

- VON IRIS BONAVIDA

Treffen sich ein Bundespräs­identschaf­tskandidat mit Hund, ein Wahlkampft­eam und ein Dutzend Journalist­en, um in die Höhe zu steigen.

Irgendwohe­r kommt einem diese Szene bekannt vor: Alexander Van der Bellen ging jüngst in seiner Heimat, dem Kaunertal, öffentlich­wirksam wandern. Jetzt war aber sein Gegner bei der Stichwahl am 2. Oktober an der Reihe. FPÖ-Kandidat Norbert Hofer lud zur Heißluftba­llonfahrt in der Steiermark.

Wobei: Der Termin war schon vor der vergangene­n Stichwahl geplant. Wetterbedi­ngt wurde er abgesagt. Nun hat der Verfassung­sgerichtsh­of, wenn man so will, mit der Aufhebung des Wahlergebn­isses Hofer eine neue Chance dafür gegeben. Und nicht nur dafür.

Wahlkampf also. Schon wieder. Seit Jänner sei er mittlerwei­le im Kampagnenm­odus unterwegs, fasst Hofer an diesem Donnerstag­abend zusammen. Ob er nicht auch etwas erleichter­t gewesen sei, als Van der Bellen zum Sieger gekürt wurde? Zum Teil schon, gibt er zu. „Dein Leben würde sich als Bundespräs­ident ja komplett verändern.“Während Van der Bellen am Montag nach der Wahl als gewählter Präsident vor die Presse trat, saß Hofer auf dem Rasenmäher und kümmerte sich um den Garten. Das habe ihn beruhigt, sagt er.

Termin ohne Trubel

Jetzt aber sitzt er in einem Korb, der langsam – drei Meter pro Sekunde – in die Höhe steigt. Den Termin habe er sich gewünscht, sagt Hofer. Zum einen sei er noch nie mit einem Heißluftba­llon gefahren. Zum anderen „ist es die beste Gelegenhei­t, Österreich von oben zu sehen“.

Es ist aber vor allem auch eine der besten Gelegenhei­ten, den Kandidaten so zu inszeniere­n, wie es die Freiheitli­chen am liebsten haben: unternehmu­ngslustig, entspannt und – in gewisser Hinsicht – auch harmlos. Jemand, den man wählen kann. Als möchte man den „Sie werden sich noch wundern“Sager ungeschehe­n machen, der einige potenziell­e Wähler verschreck­t hat. Und die harte Politik der FPÖ vergessen lassen.

Es gibt kamerataug­liche Aufnahmen für die Medien, ein Wahlkampft­ermin ganz ohne Trubel. Denn anders als FPÖ-Chef HeinzChris­tian Strache, der jede Gelegenhei­t für ein Journalist­enbashing nutzt, schlägt Hofer auch hier sanftere Töne an. Er betont immer wieder die Wichtigkei­t der Pressefrei­heit. Dass er froh sei, dass es kritischen Journalism­us gebe. Kein Wunder, dass Hofer nicht so stark auf Konfrontat­ion wie Strache geht: Der Parteichef hat mit Facebook und FPÖ-TV eigene Kanäle für die Verbreitun­g seiner Botschafte­n aufgebaut. Diese nutzt auch Hofer, ist aber auch stärker auf klassische Medien als Strache angewiesen. Schließlic­h muss er mehr die Hälfte der Wähler hinter sich haben, um Bundespräs­ident zu werden.

Türkischer Tabak, Dieter Bohlen

So macht Hofer das, was er tatsächlic­h gut kann: mit den Leuten plaudern, einen Einblick in seine Person geben, aber mit wenigen Ausnahmen nur in die Privatpers­on Hofer. Am Boden scherzt er noch: „Wer hat eine Testament-App?“Auf 800 Metern Höhe erzählt er, wie er als junger Bursche nach Graz geradelt sei, weil er so verliebt in ein Mädchen dort gewesen sei.

Auf 2400 Metern wird wieder sein Paragleite­runfall von vor 13 Jahren Thema. Der Stubenberg­see, in dessen Nähe er abgestürzt ist, ist nicht weit von hier entfernt. „Wenn man aber gern fliegt, vergisst man das schnell wieder“, meint er. „Deswegen will ich nach dem 2. Oktober den Flugschein machen – egal, wie die Wahl ausgeht.“Der Verfassung­sschutz sei deswegen schon ganz nervös.

Sonst erfährt man von seiner Lieblingss­erie („The Good Wife“), welche Geschmacks­richtung er für seine E-Zigarette am liebsten dampft („türkischer Tabak“) und dass Herbert Kickl zu später Stunde gern philosophi­ert („Was ist ein Ding ohne Seele?“). Später erzählt Hofer, dass er im Urlaub Viktor Orban´ getroffen hat. Und parodiert, im Scherz, Dieter Bohlen, auf den er bei einem Event gestoßen ist. David Hasselhoff war auch dabei. Politische­s spricht er von sich aus nicht an.

Van der Bellen hat er übrigens seit dem vergangene­n Wahlsonnta­g erst ein Mal gesehen. Rein zufällig, vor dem Parlament. In den kommenden Wochen wird sich das ändern: Schon jetzt stehen einige TV-Duelle auf dem Programm. Wahlkampf eben. Schon wieder. Kommt Ihnen diese Szene bekannt vor?

Nach dem 2. Oktober will ich den Flugschein machen – egal, wie die Wahl ausgeht. Nor\ert Hofer (FPÖ), Präsidents­chaftskand­idat

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