Die Presse

Irgendwo, nur ein einziges Mal: Die Kantine auf neuen Wegen

Klubkultur. Heute Abend wird in Wien wieder abgerissen – und dazu getanzt. Die Macher des Klubs Kantine lieben „das Flair des Vergänglic­hen“.

- VON ELISABETH POSTL

Die Kantine, das war jener Technoclub in Wien, der beim alten Zollamtsge­bäude im dritten Bezirk für eineinhalb Jahre einquartie­rt war – im Jänner dieses Jahres wurde dort das letzte Mal gefeiert, das Gebäude wird nun abgetragen. Abrisspart­y nannten die Macher das damals.

In der Zeit davor hatte der geneigte Szenemensc­h das Gefühl, dass die Wiener Klublandsc­haft doch nicht so leer, stellenwei­se so immergleic­h sei; die Kantine hatte durch ihre bloße Existenz ein paar Annahmen über Wiener Abendfades­se zerstört. Nur temporär war der Klub eingericht­et – eben so lange, bis das Zollamtsge­bäude abgerissen werden würde; das Publikum war für Wiener Verhältnis­se stark durchmisch­t und kaum zu schubladis­ieren. Nebenher veranstalt­ete man etwa auch Flohmärkte. Hauptsächl­ich fasziniert­e aber an dem Klub, dass er neu und eben nicht für immer war.

Das Kantinenge­fühl wird heute Abend in Wien wieder kurz aufleben: Die Macher des Klubs veranstalt­en an einem neuen – noch geheimen – Ort eine weitere Abrisspart­y. In den „Räumlichke­iten eines ehemaligen Klubs“, sagt Sascha Jovanov dazu nur: „Sämtliche Einrichtun­g da drin wurde schon herausgeri­ssen. Übrig bleibt die Bausubstan­z, darin feiern wir.“Jovanov, Mitglied des Kantine-Teams, scheint voll und ganz dem Konzept der Zwischennu­tzung verfallen zu sein: „Das Flair des Vergänglic­hen macht diese Räume ganz besonders, und irgendwo nur ein einziges Mal zu feiern macht nun mal auch ganz aufregende Stimmung.“

„Dann wieder weiterzieh­en“

Für den Abend an der geheimen Adresse sind verschiede­ne Bereiche geplant, Jovanov verspricht Techno, House, Goa, Psytrance genauso wie Drum and Bass: „Die verschiede­nen Musikricht­ungen an außergewöh­nlichen Orten machen uns selbst auch viel Spaß: Einmal etwas Besonderes erleben und dann wieder weiterzieh­en.“

Was nicht heißt, dass sich das Kantine-Team allein dem verschrieb­en hat. Ein fixes Standbein hat man mittlerwei­le in Linz: In den Räumlichke­iten der alten Neueröffnu­ng Tischlerei betreibt man dort ebenfalls eine Kantine, die nun aus der Sommerpaus­e zurückkehr­t, „darauf freuen wir uns schon sehr“, meint Jovanov, auch in Salzburg will man eine Kantine eröffnen: „Sie ist bereits im Bau. Dort ist die Vorfreude besonders groß, weil die Klublandsc­haft in Salzburg praktisch nicht vorhanden ist.“

In Wien soll es jetzt erst einmal bei den Pop-up-Partys bleiben. Man wolle weiterhin „einmalige Locations“nutzen, Orte, an denen „nur einzelne Veranstalt­ungen“möglich seien. Das Konzept ist nicht völlig neu, immerhin begann etwa die Ur-Pratersaun­a ihren Weg zur ersten Wiener Klubadress­e eben ohne Adresse, sondern mit den Wurstsalon-Pop-up-Partys (man darf vermuten, dass das Wort Pop-up damals, 2006, vor der Start-up-Economy,

– pres. by Kantine“heißt das Format, das heute, Samstag, 27. August ab 22 Uhr, an einem zu Redaktions­schluss noch geheim gehaltenen Ort in Wien stattfinde­n wird. Gespielt wird elektronis­che Musik: House- und Techno-Floor (mit Matt Mor, Florian Kaltstrøm, Dennes Deen, Nikka u. a.), Drum-and-Bass-Floor (mit Pandora, Menace, Skore u. a.) und Progressiv­e-Floor (mit Petronik, Phil Locker u. a.). Die Linzer Kantine eröffnet ebenfalls heute, Samstag, dort spielen u. a. Bono Goldbaum und Chris Miller, Beginn: 23 Uhr. noch nicht verwendet wurde), an besonderen Orten: Off-Location nannte man das.

Fixer Klub wieder geplant

Die Aufregung um die geheime Location und den Pop-up-Gedanken versteht Jovanov zwar, für das Team stehe aber hauptsächl­ich die Musik im Vordergrun­d: „Unsere Philosophi­e ist ja einfach. Wir wollen gute Qualität liefern, ohne viel Schnicksch­nack. Natürlich ist es dann besonders interessan­t, wenn berühmte DJs wie Sven Väth, Karotte oder Aka Aka spielen, ohne viel Tamtam, in einem entspannte­n Rahmen, das ist für uns selbst ja auch das Größte.“

Die Party am heutigen Samstagabe­nd bespielt man jedenfalls mit Wiener Lokalgröße­n aus den verschiede­nen Musikgenre­s. Ob Wien sich jetzt auf regelmäßig­e Kantine-Pop-ups vorbereite­n sollte oder lieber auf einen neuen, fixen Klub mit dem Namen? Immerhin gab es im vergangene­n Dezember die Ansage, die Kantine dauerhaft in eine Wiener Location einziehen zu lassen. Jovanov bejaht beide Aussichten, Pop-up-Partys einerseits, anderersei­ts: „Auch in Wien wird es wieder eine fixe Kantine geben.“Details dazu gibt es aber noch nicht.

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[ Clemens Fabry] Sascha Jovanov zeigt ein Stück der geheimen Location der Kantine-Pop-up-Party.

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