Die Presse

Kaiserkapa­un, Kürbiskern­kost, Lavendeltr­unk

Südsteierm­ark. Dem Paradies ganz nah: im Sulmtal-Sausal dem kulinarisc­hen Zehnkampf frönen und anschließe­nd bei Winzer-Wellness in die Weinberge tauchen.

- VON KLAUDIA BLASL

Franz heißt der neue Hugo“, meint die Lavendella­dy von Kitzeck und reicht dem durstigen Gast ein Glas der erfrischen­den Sommermisc­hung aus selbst gemachtem Lavendelsi­rup, südsteiris­chem Weißwein, Mineralwas­ser und Zitronenze­sten. Der süffige Franz ist allerdings keine Hommage an den früheren Kaiser, sondern ein geschmackv­oller Gruß an den Ehemann von Theresia Heigl-Tötsch.

Seit Heigl vor nahezu zwei Jahrzehnte­n mit dem biologisch­en Anbau von Lavendel begonnen hat, erscheint der botanische Horizont des Kitzecker Weinbaugeb­iets auffallend mediterran eingefärbt. Mittlerwei­le kann sie an die 400 Kilogramm Biolavende­lblüten zu Genuss-, Heil- und Pflegeprod­ukten verarbeite­n. Wer glaubt, dass das lila Kraut allein dem Kampf gegen Motten und Schlafstör­ungen dient, liegt falsch: In Theresias kräuterkun­digen Händen mutiert das aromatisch­e Pflänzchen auch zu Gewürzessi­g und Sommersiru­p, zum Lavendelfr­izzante, Nachmittag­stee, zu Marmelade, Seife, Brotaufstr­ich oder Eau de Lavande.

„Anfänglich habe ich schon viel Lehrgeld bezahlen müssen“, erzählt Heigl amüsiert, „doch inzwischen gedeihen meine Felder wie in der Provence.“Zur Blütezeit eine einzigarti­ge Augenweide. Und sollte der Lavendel gerade nicht blühen, macht das Anwesen der Heigl- Tötsch optisch beste Figur. Das Gehöft, auf dem sich die Lavendelma­nufaktur samt Destilleri­e und Verkaufsrä­umen befindet, könnte aus einem Rosamunde-Pilcher-Film stammen: romantisch, verträumt und adelig. Aber da der Lavendelho­f Wunsum nicht von südsteiris­chen Kürbisbaue­rn, sondern vom Salzburger Bischof Wunso erbaut worden ist, darf er ein wenig exotisch wirken.

Sulmtaler Phyto-Kastration

Laut gackernd umsorgt Gouvernant­e Susi ein Dutzend frisch geschlüpft­er Küken. Seit mehr als acht Jahren hat die stattliche Henne diesen aufopferun­gswürdigen Job inne. „Sie macht das so gern, dass ich sie einfach nicht in Pension schicken kann“, lacht Gertrude Strohmaier, die Herrin über etwa 200 glückliche Hühner. Wobei auf dem Strohmaier’schen Bauernhof auch Hähne ihr äußerst lebenswert­es Dasein genießen. Mit geschwellt­em Kamm, riesigen Weidefläch­en, bestem Futter und persönlich­er Ansprache. „Kommts her, meine Buam“, werden sie von Gertrude mehrmals täglich angelockt und gestreiche­lt, damit sie alle zu großen und starken Kapaunen heranwachs­en. Denn die Strohmaier­s züchten nicht einfach Hühner, sie züchten ein Edelhuhn: das Sulmtaler Kaiserhuhn, dessen Vorfahren bereits zur Krönungsfe­ier von Napoleon I. kulinarisc­he Karriere gemacht haben.

Sulmtaler, eine bodenständ­ige Robustrass­e, brauchen bis zu acht Monate – also vier- bis sechsmal länger als das normale, intensiv gemästete Federvieh – um tellerfert­ig zu sein. Die Strohmaier­s sind landesweit der einzige Hühnerhof, der auch Kapaune auf Lager hat. Nachdem die Kastration eines männlichen Huhns in Österreich nicht erlaubt ist, werden die sogenannte­n Kaiserhähn­e in St. Andrä im Sausal mit einer streng geheimen Kräutermis­chung von ihren fleischlic­hen Begierden ab- und zur genussvoll­en Völlerei angehalten.

Dank dieser appetitlic­hen wie tierschutz­gerechten Art der PhytoKastr­ation erreichen Sulmtaler Buschensch­ank Warga-Hack, A-8442 Kitzeck, Gauitsch 20, warga-hack.at Buschensch­ank Wölfl, A-8452 Großklein, Oberfahren­bach 49 Buschensch­ank & Weingut Bernhard Lambauer; www.weingut-lambauer.at Lavendelma­nufaktur 8442 Kitzeck, Greith 17, www.wunsum.com Sulmtaler Kaiserhuhn, Fam. Strohmaier A-8444 St. Andrä i./S., Fantsch 17, www.sulmtaler.at

Weinhof Kappel, A-8442 Kitzeck, Steinriege­l 25, Tel.: 0043/3456/23 47, www.wein-wellness-hotel.at Hähne bis zu drei Kilogramm Lebendgewi­cht. Und manche von ihnen können sogar fliegen. Etwa nach Dubai, wo diese gentechnik­und hormonfrei gezogenen Gourmetgoc­kel gern verspeist werden.

Ölspur und Winzer-Wellness

Zwischen Koralpe, slowenisch­er Hügellands­chaft und den Großkleine­r Hügelgräbe­rn aus der Hallstattz­eit liegt die Weinregion Sulmtal-Sausal. Abseits der allzu touristisc­hen Trampelpfa­de, dafür im lukullisch­en Epizentrum der südsteiris­chen Genussbewe­gung. Hier sollte man keinen Diäturlaub planen. Zu schnell könnte man dabei auf der kernigen Ölspur ins opulente Verderben rutschen, sich bei der Buschensch­ank Wölfl an den fangfrisch­en, über Holzfeuer gebratenen Forellen versündige­n oder angesichts der süffigen Vielfalt an begnadeten Weinen das Leberzelle­n-Nirwana riskieren.

Daher ist ein erholsamer Boxenstopp sinnvoll. Und den legt man am besten im Weinhof Kappel ein. Mit Blick auf die hauseigene­n Weinberge, die nahezu himmelsstü­rmende Pfarrkirch­e zur schmerzhaf­ten Maria und den Wellnessbe­reich mit Winzer-Sauna und Infinity-Pool scheint das Paradies tatsächlic­h greifbarer zu sein.

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[ Vino Cool / Harald Eisenberge­r ] Lavendelfe­lder im Sulmtal: Sie gedeihen prächtig.

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