Die Presse

Grüne will nun „auch mit FPÖ reden“

Interview. Uschi Lichtenegg­er, die überrasche­nd die rote Bastion Leopoldsta­dt erobert hat, sucht nun Allianzen mit allen Parteien und wird auf Landeseben­e künftig eine größere Rolle spielen.

- VON MARTIN STUHLPFARR­ER

Die Presse: Sie haben die SPÖ mit ihren eigenen Waffen geschlagen – mit einem inszeniert­en Duell gegen die FPÖ. War das die Revanche für die Wien-Wahl? Uschi Lichtenegg­er: Die Geschichte lag auf der Hand. Bei der Bezirkswah­l 2015 waren wir nur 21 Stimmen vor der FPÖ – wir wollten vorn bleiben.

Sie haben auch das Duell der Stichwahl genutzt – mit einem blau gekleidete­n Mann, der mit Norbert Hofers Aussage durch die Straßen ging: „Sie werden sich wundern, was alles geht.“Wir haben damit erfolgreic­h Aufmerksam­keit erregt. Man kann die Wiederholu­ng des Bundespräs­identenwah­lkampfs aber nicht mit der Bezirkswah­l vergleiche­n.

Ihr Wahlsieg ist Rückenwind für die Grünen vor der Präsidente­nstichwahl im Dezember? Sie meinen, für Alexander Van der Bellen.

Pardon, für den grünen Ex-Parteichef und nun unabhängig­en, von den Grünen unterstütz­ten Kandidaten Van der Bellen? Der Sieg gegen die FPÖ im Bezirk war für uns wichtig – als Signal.

Die Grünen siegten überlegen, obwohl sie gegenüber 2015 mehr als 1000 Stimmen verloren. Schmerzt Sie die Wahlbeteil­igung von nur noch 36 Prozent? Sie wäre höher gewesen, wenn viele ihre defekten Wahlkarten noch wechseln hätten können. Nur: Die Studenten sind noch nicht in Wien, mit der WU sind wir ein Universitä­tsbezirk. Und seit der Wahl sind viele EU-Bürger weggezogen.

Hätten die Grünen mit höherer Wahlbeteil­igung noch höher gewonnen? Studierend­e und EU-Bürger wählen traditione­ll eher Grün.

Der Studentenz­uzug wegen der Wirtschaft­suniversit­ät hat den Bezirk politisch grün umgefärbt? Junge Leute können mit unseren Themen etwas anfangen.

Die Neos überlegen eine Anfechtung der Wahlwieder­holung. Wir haben jetzt ein Jahr lang gewählt, ich sehe das entspannt. Sie haben angekündig­t, mit allen zu reden. Auch mit der FPÖ? Ich bin Bezirksvor­steherin. Ich werde auch mit der FPÖ reden müssen – wir brauchen Mehrheiten, um unsere Projekte umzusetzen.

Im Bezirk geht es mit der FPÖ besser als auf Landes- und Bundesebne? Bezirksthe­men sind nicht mit der Bundeseben­e vergleichb­ar. Ich möchte auch eine Gesprächse­bene mit der FPÖ haben. Wir alle sind Leopoldsta­dt.

Die Grünen wollen die Zahl der Fahrspuren in der Praterstra­ße, die eine Durchzugss­traße ist, halbieren. Und die Taborstraß­e, ebenfalls eine Durchzugss­traße, zu einer Fußgängerz­one machen: Kommt die Mariahilfe­r Straße für den zweiten Bezirk? Der Zweite ist ein Bezirk, in dem zu Innenstadt und Ring durchgefah­ren wird. Die Verkehrsbe­lastung für die Bewohner ist groß. Deshalb möchte ich sinnvolle Initiative­n setzen.

Mit der Sperre von zwei zentralen Straßen würde der Ausweichve­rkehr direkt in die Wohnvierte­l geleitet werden. Das ist noch kein Thema. Wir können auch nicht alles gleichzeit­ig machen. In der Praterstra­ße ist allerdings Luft nach oben. Da sind die Geschäftsl­eute zu uns gekommen, damit dort etwas passiert.

Als erst dritte Grün-Bezirksvor­steherin haben Sie parteiinte­rn massiv an Gewicht gewonnen. Werden Sie sich nun stärker auf Landeseben­e einschalte­n? Das werde ich tun. Es gibt Dinge, die eben nicht auf Bezirksebe­ne entschiede­n werden. Daher braucht man einen guten Kontakt zum Rathaus. Aber ich bin schon vorher gehört worden. Zum Beispiel haben uns Maria Vassilakou und Eva Glawischni­g von Anfang an unterstütz­t.

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[ Elke Mayr ] Uschi Lichtenegg­er ist neue Bezirksche­fin der Leopoldsta­dt.

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