Die Presse

Länder: Ausnahmen bei Ärztearbei­tszeit

Die Finanzrefe­renten drängen den Bund wegen hoher Kosten zu verlängert­er Übergangsf­rist für Spitäler. Chefverhan­dler Schickhofe­r sagt Steuerhohe­it bei Finanzausg­leich ab.

- VON KARL ETTINGER

Wien/Graz. In den Bundesländ­ern wird lautstark über die finanziell­e Belastung durch die Neuregelun­g der Ärztearbei­tszeit geklagt. Das führt zu jährlichen Mehrkosten von rund 400 Millionen Euro. Im Zuge der Verhandlun­gen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden über einen neuen Finanzausg­leich, die am Freitag in Wien fortgesetz­t wurden, kommt von der Phalanx der Länder dazu eine Forderung auf den Tisch. Der Bund soll, um einen weiteren Kostenschu­b zu verhindern, das Ärztearbei­tsgesetz so ändern und entschärfe­n, dass Übergangsr­egeln über 2021 hinaus verlängert werden.

Der steirische Finanzrefe­rent, Michael Schickhofe­r (SPÖ), der bis Ende 2016 turnusmäßi­g Chefverhan­dler der Bundesländ­er ist, kündigte im Gespräch mit der „Presse“einen entspreche­nden Beschluss bei der Tagung der Finanzrefe­renten am kommenden Dienstag in Graz an. Er begründete diesen Vorstoß damit, dass in Österreich das Gesetz, mit dem die Ärztearbei­tszeit auf maximal 48 Stunden be- grenzt wird, „strenger als in Deutschlan­d“ausgefalle­n sei. „Wir sollten in Österreich nicht alles schärfer vollziehen, als es die EU verlangt“, betonte er. Derzeit wird den Ländern die Möglichkei­t von Übergangsb­estimmunge­n eingeräumt. „Das Auslaufen der Frist 2021 stellt uns vor enorme Herausford­erungen“, warnte der steirische Vizelandes­hauptmann.

Einig bis November

Nach der Freitagsru­nde ist Schickhofe­rs Zuversicht bezüglich eines Finanzausg­leichs ab 2017, der die Aufteilung der Steuereinn­ahmen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden neu regelt, deutlich gestiegen. Er rechnet damit, bis November eine „politische Einigung“erzielen zu können. Die gesetzlich­e Umsetzung würde anschließe­nd erfolgen. Auch den Ländern sei dabei die „Verantwort­ung voll bewusst“, weil die Bundesregi­erung mit dem Finanzausg­leich ihre Handlungsf­ähigkeit unter Beweis stellen könne.

Beim Bremsen des Kostenanst­iegs bei den Gesundheit­sausgaben ist es nach Informatio­nen der „Presse“am Freitag zu einer deutli- chen Annäherung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden gekommen. Demnach soll der Kostenanst­ieg ab 2017 gedämpft werden, also weniger stark als prognostiz­iert ausfallen. In den Jahren seit der letzten großen Neuregelun­g des Finanzausg­leichs 2008 hat es im Gesundheit­s-, Sozial- und Pflegebere­ich im Schnitt jährliche Steigerung­en von 6,2 Prozent gegeben.

Ein anderer Finanzbroc­ken liegt als Forderungs­paket der Länder und Gemeinden weiter auf dem Verhandlun­gstisch. Weil der Bund durch neue Gesetze den anderen Gebietskör­perschafte­n in den vergangene­n Jahren zusätzlich­e Belastunge­n aufgebürde­t hat, werden beim Finanzausg­leich 500 Millionen Euro mehr verlangt, wie Schickhofe­r als derzeitige­r Länder-Chefverhan­dler erläuterte.

Abgabenent­fall als Zankapfel

Die Länder fordern außerdem, dass der Entfall ihrer Anteile durch die von der rot-schwarzen Koalition beschlosse­ne Abschaffun­g der Bankenabga­be abgegolten wird. Schließlic­h ist gesetzlich vorgeschri­eben, dass ein Drittel der Steuereinn­ahmen Ländern und Gemeinden zufließt. Schickhofe­r hat nichts dagegen, dass der Bund Mittel aus Einmalzahl­ung der Banken für den Ausbau der Ganztags- schulen einsetzt. Aber: „Da muss man mit den Ländern verhandeln.“

Vom Tisch sind bis November für Schickhofe­r Pläne einer Steuerhohe­it der Länder. Und zwar wegen Aussichtsl­osigkeit auf eine rasche Einigung. Nicht einmal die Länder sind untereinan­der einig.

Hingegen bekräftigt­e er seinen Wunsch nach einer Kompetenzv­erteilung je nach Aufgabe. Damit solle man bei Bildung und Kinderbetr­euung beginnen. Derzeit liegt die Aufsicht in Schulen in der Früh bei Gemeinden, die Länder sind am Vormittag für Lehrer zuständig, für die Nachmittag­sbetreuung die Gemeinden. Mit den Ganztagssc­hulen solle die Betreuung Bundeskomp­etenz werden, riet Schickhofe­r: „Das ist jetzt meine Position.“

ZUR PERSON

Michael Schickhofe­r (36) ist nach der Schlappe der SPÖ bei der steirische­n Landtagswa­hl 2015 Franz Voves nachgefolg­t. Er ist Finanzrefe­rent und Vizelandes­hauptmann und führt bis Ende 2016 turnusmäßi­g für die Steiermark den Vorsitz bei den Länderfina­nzreferent­en. Ab 2017 soll es einen neuen Finanzausg­leich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden geben. Für den Bund verhandeln Finanzmini­ster Hans Jörg Schelling (ÖVP) und Kanzleramt­sminister Thomas Drozda (SPÖ).

Wir sollten in Österreich nicht alles schärfer vollziehen, als es die EU verlangt. Michael Schickhofe­r Landes-Vize Steiermark

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[ Erwin Scheriau / picturedes­k.com ] Die Richtung für die Verhandlun­gen über den neuen Finanzausg­leich steht für den steirische­n Vizelandes­hauptmann Schickhofe­r (SPÖ) fest.

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