Die Presse

Fischers Plädoyer für Van der Bellen

Hofburg-Wahl. Der frühere Bundespräs­ident hält Alexander Van der Bellen für den besseren Kandidaten und wird ihm seine Stimme geben. In den Wahlkampf will er aber nicht eingreifen.

- VON MARTIN FRITZL UND DIETMAR NEUWIRTH

Wien. Wahlempfeh­lung will Heinz Fischer keine abgeben. „Die Bürger dieses Landes sind mündig genug, um ohne Wahlempfeh­lung auszukomme­n“, sagt der frühere Bundespräs­ident zur Wahl seines Nachfolger­s am 4. Dezember. Aber: Fischer verrät, dass er bei der Wiederholu­ng der Stichwahl wie schon bei der Stichwahl selbst Alexander Van der Bellen wählen wird. Was ja eigentlich schon so etwas wie eine Wahlempfeh­lung ist.

Die Gründe für die Entscheidu­ng Fischers: Er kenne den früheren Parteichef der Grünen seit vielen Jahren, seit dieser noch Assistente­nvertreter an der Universitä­t Innsbruck war, und habe dessen Qualitäten kennengele­rnt. Van der Bellen sei ein ausgebilde­ter Ökonom, habe eine vernünftig­e Einstellun­g zu Europa und könne Österreich auf internatio­nalem Parkett gut vertreten. „Er wäre ein Repräsenta­nt, der unserem Lande nützt“, so das Urteil des Ex-Präsidente­n über seinen möglichen Nachfolger.

Kein Wahlkampfe­insatz

Als Teil des Van-der-Bellen-Wahlkampfs will sich Fischer freilich nicht sehen: „Ich werde nicht ein Wahlkampfm­itarbeiter von Van der Bellen sein, ich werde keine Wahlkampfa­ktivitäten im Einzelnen unterstütz­en.“Und auch als Stimme für die Grünen will der frühere SPÖ-Politiker die Unterstütz­ung nicht sehen. Seine Parteimitg­liedschaft hatte er ja bekanntlic­h bei Einzug in die Hofburg ruhend gestellt – und hat auch nicht vor, sie jetzt wieder zu aktivieren.

Ob die Entscheidu­ng für Van der Bellen bedeutet, dass Fischer seinem Kontrahent­en, Norbert Ho- Der frühere Bundespräs­ident Heinz Fischer hat in einem ein Plädoyer für eine offene Gesellscha­ft, für die europäisch­e Idee und gegen den Populismus gehalten. Bei der Wiederholu­ng der Stichwahl wird Fischer Alexander Van der Bellen seine Stimme geben, dieser sei ein guter Repräsenta­nt des Landes, meint Fischer. fer, die Eignung für das Amt abspricht? So will Fischer seine Aussagen nicht verstanden wissen. Er habe hier den Komperativ verwendet: Er halte Van der Bellen eben für besser geeignet als den FPÖKandida­ten. Im ersten Wahlgang hat Fischer Alexander Van der Bellen übrigens nicht gewählt. „Da habe ich für meinen persönlich­en Freund Rudolf Hundstorfe­r gestimmt“, so die wenig überrasche­nde Aussage.

„Eine Wortmeldun­g“

Anlass für die Aussagen des früheren Bundespräs­identen ist ein Buchprojek­t: Für den Ecowin-Verlag hat er einen Essay mit dem Titel „Eine Wortmeldun­g“verfasst. Auf 49 Seiten liest sich diese Wortmeldun­g als eine Art Plädoyer für eine offene Gesellscha­ft, für die europäisch­e Idee und gegen den Populismus. Und es mündet in der Fest- legung für die Präsidents­chaftswahl.

Fischer im O-Ton: „Ich werde den Enkelkinde­rn später einmal erzählen, warum ich nach sorgfältig­er Überlegung bei der Bundespräs­identensti­chwahl am 22. Mai 2016 für Professor Alexander Van der Bellen gestimmt habe, den ich seit Langem kenne und zu dem ich Vertrauen habe. Ich weiß heute, wo ich diese Zeilen schreibe, noch nicht, welches Ergebnis die Wahl vom 4. Dezember 2016 bringen wird. Aber ich werde durch meine Teilnahme an der Wahl und durch meine neuerliche Stimmabgab­e für Universitä­tsprofesso­r Van der Bellen jene (Mit-)Verantwort­ung übernehmen, die dem Gedanken der Demokratie zugrunde liegt, für die wir alle Verantwort­ung tragen.“Denn Demokratie sei „nicht unzerstörb­ar“, mahnt Fischer einige Kapitel vorher.

Den Namen des Gegenkandi­daten Van der Bellens, also Norbert Hofers von der FPÖ, nennt Fischer kein einziges Mal (den des Ex-Grünen-Chefs übrigens auch nur ganz am Schluss zwei Mal). Aber an mehreren Stellen seiner Warnung vor Polarisier­ung und Populismus ist selbst nur oberflächl­ich politisch Interessie­rten klar, gegen wen sich Fischer da wendet.

Weichenste­llung für das Land

Das macht auch Hugo Portisch, der ein Nachwort zu dem Buch verfasst hat. Es gehe diesmal nicht um eine gewöhnlich­e Wahl, sondern um eine Weichenste­llung für das Land, sagte Portisch bei der Buchpräsen­tation. Es gebe Kräfte im Land, die gegen Europa arbeiteten. Bei der Wahl werde entschiede­n, ob Österreich den Weg in Europa weitergeht oder in eine Demokratie des Populismus abgleitet.

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[ Reuters] Heinz Fischer hätte gern, dass Alexander Van der Bellen (r.) seinen Platz in der Hofburg einnimmt: „Er wäre ein guter Repräsenta­nt des Landes.“
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