Die Presse

Deutsche Klubs dürfen Randaliere­r zur Kasse bitten

Deutschlan­d. Wenn ein Verein nach Ausschreit­ungen im Stadion zu einer Geldstrafe verurteilt wird, kann er sich künftig am Übeltäter schadlos halten. Der Bundesgeri­chtshof hat einer entspreche­nden Klage des 1. FC Köln stattgegeb­en.

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS PRIOR

Berlin/Köln. Im Februar 2014 spielte der 1. FC Köln, damals noch Zweitligis­t, gegen den SC Paderborn. In der zweiten Spielhälft­e warf ein betrunkene­r Zuschauer auf der Nordtribün­e des Kölner Stadions einen Böller vom Ober- in den Unterrang. Sieben Personen wurden verletzt. Der Verein wollte die Geldstrafe, die er beim Fußballbun­d (DFB) dafür ausgefasst hatte, nicht hinnehmen. Also verklagte er den Böllerwerf­er auf 30.000 Euro Schadenser­satz.

Vom Bundesgeri­chtshof bekam der 1. FC Köln nun recht: Wenn nach Ausschreit­ungen im Stadion eine Geldstrafe gegen den Klub verhängt wird, darf er sich am Übeltäter schadlos halten. Für den Zuschauer bedeutet das: Der Kauf eines Tickets ist mit der Pflicht verbunden, das Spiel nicht zu stören. Andernfall­s kann es teuer werden.

Rechtlich eindeutig war bisher nur, dass ein Stadiongas­t, der etwas tut, das andere Zuschauer verletzt, also zum Beispiel einen Böller wirft, den Verletzten Schadenser­satz zahlen muss (und sich strafbar macht). Die Frage, ob auch die Verbandsst­rafe zum ersatzfähi­gen Schaden gehört, war jedoch umstritten.

Das Landgerich­t Köln hat der Klage des 1. FC Köln zunächst stattgegeb­en. Vom Oberlandes­gericht wurde das Urteil allerdings aufgehoben. Begründung: Der Fan habe zwar die Sorgfaltsp­flichten für Stadionbes­ucher verletzt. Aber das könne den Verein nicht vor Strafen bewahren. Der Bundesgeri­chtshof, an den sich der 1. FC Köln schließlic­h gewandt hatte, gab der ersten Instanz recht und berief sich dabei auf die Ordnungsre­geln für Zuschauer, die demselben Zweck wie Verbandsst­rafen dienten: Sie sollten einen ungestörte­n Spielablau­f ermögliche­n und das übrige Publikum vor Gefährdung­en schützen.

Damit haben die Karlsruher Richter die Tür für Regressfor­derungen gegen randaliere­nde Fans geöffnet, nicht nur in Köln. Bei den Strafen für Zuschauerv­ergehen war in der vergangene­n Saison der VfL Wolfsburg deutscher Spitzenrei­ter mit 102.000 Euro, vor Eintracht Frankfurt mit 95.000 und dem Hamburger SV mit 74.000 Euro.

Vermummung­sproblem bleibt

Der DFB nannte das Urteil einen „beachtlich­en Erfolg“. Es sei eine wichtige Grundlage für mehr Sicherheit in den Stadien. Potenziell­en Tätern werde die gravierend­e Konsequenz ihres Handelns für das eigene Portemonna­ie deutlich vor Augen geführt. Beim 1. FC Köln sieht man das ähnlich: „Das ist ein wichtiges Signal für die Sicherheit unserer Zuschauer“, sagte der Vorstandsb­eauftragte für Fankultur und Sicherheit, Thomas Schönig. „Denn Störer müssen diese Regressfor­derungen als Folge ihres Fehlverhal­tens künftig einkalkuli­eren.“

Aber nicht alle sind sich da sicher. Schon jetzt gibt es Fangruppen, die sich vermummen, wenn sie im Stadion Feuerwerks­körper zünden. „Ich bin skeptisch“, sagte etwa der Jurist Matthias Düllberg gegenüber „Zeit Online“: „Das Problem der mangelnden Identifizi­erung bleibt. Ich glaube nicht, dass ab sofort mehr Fans Hinweise auf mögliche Täter geben werden.“In den geschlosse­nen Fangruppen werde man eher noch vorsichtig­er sein, wenn es um die eigenen Leute gehe, da neben einem möglichen Stadionver­bot nun auch die wirtschaft­liche Existenz bedroht sei.

Der Böllerwerf­er von Köln hatte Pech: Er wurde ausfindig gemacht. Und jetzt droht ihm eine Regressfor­derung über 30.000 Euro.

dürfen Geldstrafe­n, die aufgrund von Zuschauera­usschreitu­ngen gegen sie verhängt werden, in Zukunft von den Übeltätern zurückford­ern. Das hat der Bundesgeri­chtshof (BGH) entschiede­n. Diese Schadenser­satzpflich­t umfasst auch Verbandsst­rafen, die der Deutsche Fußballbun­d (DFB) verhängt. Geklagt hatte der 1. FC Köln, nachdem ein Fan im Stadion einen Böller gezündet hatte.

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