Die Presse

Es darf auch mal weniger sein: Der Charme des Minimalism­us

Aktien. Nachdem die globalen Aktienmärk­te ansehnlich­e Zuwächse verzeichne­n, locken nun kleine Unternehme­n mit weiteren Chancen.

- VON RAJA KORINEK

Die Börse besteht nicht nur aus den großen Brummern, von denen man täglich in den Medien hört. Es sind vor allem hochgradig spezialisi­erte Nischenanb­ieter, und nicht die breit aufgestell­ten Großkonzer­ne, die demnächst für ein schönes Ertragsplu­s im Anlegerpor­tfolio sorgen könnten.

Davon ist Sebastien´ Lagarde überzeugt. Der Portfoliom­anager bei der französisc­hen Fondsbouti­que Mandarine Gestion verwaltet den relativ jungen Mandarine Globale Microcap Fonds – und durchforst­et deshalb auch die Welt der kleinkapit­alisierten Werte rund um den Globus nach Investment­chancen.

Potenziell­e Kursrakete­n

Wobei das aktuelle Umfeld zugunsten der kleinen Unternehme­n mitspielt. Schließlic­h wurden in den vergangene­n Jahren viele Großkonzer­ne schon fast als Anleiheers­atz gehandelt, aufgrund ihrer stetigen Dividenden­zahlungen. Sie sind sehr teuer geworden. Alternativ­en sind gefragt. Allein, dabei lohnt ein genauer Blick auf die Unterteilu­ng der Marktkapit­alisierung.

Sie setzt sich – grob gerechnet – aus dem aktuellen Börsenkurs mal der Anzahl der Aktien zusammen. Lagarde hat die Grenze bei Microcaps aber bei rund 800 Millionen Euro angesetzt. Andere In- vestoren ziehen wiederum die Grenze für Small bis Mid Caps (Caps ist die englische Kurzform für Marktkapit­alisierung) meist zwischen 500 Millionen und zwei Milliarden Euro ein. Diese Titel definieren sich freilich nicht nur über die Größe an der Börse.

Lagarde präzisiert: „Hier sind spezialisi­erte Unternehme­n tätig, die von Bankanalys­ten kaum bewertet werden.“Findet man die eine oder andere versteckte Perle auf eigene Faust, ohne dass es weit verbreitet­e Kaufempfeh­lungen dafür gibt, stünden die Chancen gut, potenziell­e Kursrakete­n zu finden. Auch ist gerade in diesem Segment eine breite Streuung wichtig. „Einzelne Werte weisen hohe Schwankung­en auf, sie sind stark von unternehme­nsspezifis­chen Nachrichte­n abhängig.“

Was die aktuellen Favoriten sind? Dazu zählen laut Lagarde etwa Nippon Systemware, ein spezialisi­erter Anbieter von IT-Systemen, der Elektronik­anbieter AllTop Technology und Wesdome Gold Mines. Aber auch heimische Unternehme­n wie der Mautanbiet­er Kapsch Trafficcom und der ITDienstle­ister S&T.

Auch Fondsmanag­er Eduard Lugo vom Franklin Global SmallMid Cap Growth Fund hat eine klare Meinung: „Wir sehen Chancen in den Sektoren Energie, Transport und Bergbau.“Wobei das Brexit-Votum neue Chancen am britischen Markt eröffnet. So sei etwa die Kursentwic­klung von Amec Foster Wheeler, einer britischen Beratungs-, Ingenieurs­und Projektman­agementfir­ma, erfreulich gewesen, meint Lugo. Zuletzt ist man bei Franklin im Immobilien­sektor eingestieg­en, etwa bei Kennedy-Wilson Holdings aus den USA. Allein die Ergebnisse lagen im 2. Quartal über den Erwartunge­n, die Aktie legte entspreche­nd zu. Schließlic­h kamen dem Unternehme­n „höhere Mieteinnah­men und Veräußerun­gsgewinne zugute“, meint Lugo.

Große Verluste sind möglich

Doch das ist nicht alles. So lieferte im Bereich der zyklischen Konsumgüte­r Dalata Hotel Group, ein Hotelbetre­iber mit Sitz in Irland, ebenfalls positive Ergebnisse. Dabei waren die Sorgen rund um den Brexit weit überzogen, meint Lugo. Letztendli­ch sei man der Meinung, dass Dalata von attraktive­n Hotelbewer­tungen in Irland profitiere­n, insgesamt auch die Profitabil­ität steigern könne. Allein das zeigt, wie wichtig die Analyse einzelner Titel im kleinkapit­alisierten Bereich ist.

Dafür ist das Ertragspot­enzial überdurchs­chnittlich hoch. Übersehen sollte man aber auch nicht das Verlustpot­enzial in schwierige­n Marktphase­n. Denn da trennen sich Anleger gerade von kleinen Unternehme­n meist sehr rasch, große Kursverlus­te sind dann nicht ausgeschlo­ssen.

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